DDR von A-Z, Band 1958

Häftlinge, Politische (1958)

 

 

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Die Zahl aller aus politischen Gründen inhaftiert gewesenen und noch inhaftierten Bewohner der SBZ ist nicht bekannt, sie kann auch kaum geschätzt weiden. Neben den in die Konzentrationslager verschleppten und zum großen Teil dort verstorbenen Menschen werden als PH. diejenigen bezeichnet, die aus ausschließlich oder überwiegend politischen Gründen durch ein sowjetisches Militärtribunal oder ein Gericht der SBZ wegen Boykotthetze, Friedensgefährdung oder eines anderen Staatsverbrechens verurteilt worden sind. Auch die in den Kriegsverbrecherprozessen verurteilten Angeklagten fallen in diese Kategorie. Obwohl bis zum Sommer 1955 allein in den Strafanstal[S. 125]ten über 20.000 PH. im Widerspruch zu den Grundrechtsgarantien der Verfassung eingesperrt waren und schwere und schwerste Zuchthausstrafen verbüßen sollten, gab es nach offizieller Version keine „PH.“ in der SBZ. „Heute wird niemand seiner Gesinnung wegen inhaftiert. Wer unsere antifaschistisch-demokratische Ordnung angreift, wer den Aufbau unserer Friedenswirtschaft stört, begeht eine strafbare Handlung und wird seiner verbrecherischen Taten wegen bestraft. Die Strafgefangenen dieser Art sind deshalb auch keine ‚politischen‘ Gefangenen, sondern kriminelle Verbrecher. Die Bezeichnung dieser Strafgefangenen als politische Häftlinge wird daher hiermit, untersagt.“ (RV Nr. 125/51 des Justizministeriums der SBZ vom 5. 9. 1951)

 

Infolge der in den Jahren 1956 und 1957 durchgeführten vorzeitigen Haftentlassungen verringerte sich die Zahl der PH.; noch immer befinden sich aber 6.000 bis 7.000 Menschen auf Grund rein politischer Strafurteile in Haft. Ein Unterschied zu kriminell Bestraften besteht im Strafvollzug nicht. (Rechtswesen)


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1958: S. 124–125


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.