DDR von A-Z, Band 1958

Regierung und Verwaltung (1958)

 

 

Siehe auch:

 

[S. 258]Die Verwaltung der SBZ lag nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Mai 1945 in ihrer Spitze zunächst ausschließlich in den Händen der von der sowjetischen Besatzungsmacht im Juni 1945 gebildeten „Sowjetischen Militär-Administration (SMAD)“. Zu ihrer Unterstützung befahl die SMAD bereits im Juli 1945 die Errichtung von zunächst elf deutschen Zentralverwaltungen. Diese lediglich mit beschränkter Weisungsbefugnis gegenüber den Länderregierungen ausgestatteten Zonenbehörden gingen mit Ausnahme der Verwaltungen für Inneres, Justiz, Volksbildung und Gesundheitswesen im Februar 1948 in der „Deutschen Wirtschaftskommission“ (DWK) auf.

 

Nach Errichtung der „DDR“ wurden die Aufgaben der DWK durch das „Gesetz zur Überleitung der Verwaltung“ vom 12. 10. 1949 (GBl. S. 17) unter gleichzeitiger Umbildung der meisten Hauptabteilungen in Ministerien der „Provisorischen Regierung“ übertragen. An die Stelle der SMAD trat damals die „Sowjetische Kontroll-Kommission“ (SKK). Die bedeutsamste gesetzliche Grundlage für Struktur und Tätigkeit der Regierung ist neben der auch insoweit weitgehend ausgehöhlten und faktisch aufgehobenen Verfassung das „Gesetz über den Ministerrat der DDR“ vom 16. 11. 1954 (GBl. S. 915), dessen § 3 es dem Ministerrat aufgibt: „a) die Tätigkeit der Ministerien und Staatssekretariate mit eigenem Geschäftsbereich und anderer zentraler staatlicher Organe zu leiten, ihre Statuten und Ordnungen zu bestimmen, Berichte über die Erfüllung ihrer Aufgaben entgegenzunehmen, die Struktur der Regierung den Erfordernissen der Durchführung der staatlichen Aufgaben, insbesondere der Volkswirtschaftspläne, anzupassen, und entsprechend seiner Nomenklatur die Mitarbeiter für leitende Staats- und Wirtschaftsfunktionen zu bestätigen; b) die Entwürfe der Volkswirtschaftspläne und der Staatshaushaltspläne zu beschließen, sie der Volkskammer vorzulegen, sowie Maßnahmen zu ihrer Durchführung und zur Festigung des Kredit- und Währungssystems zu treffen; c) die Durchführung der Gesetze, den Schutz der gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung, den Schutz des Volkseigentums und die Rechte der Bürger zu sichern; d) die Grundsätze für die Tätigkeit der diplomatischen, wirtschaftlichen und kulturellen Organe zu bestimmen, die die Beziehungen auf diesen Gebieten mit anderen Staaten regeln und pflegen; e) die Arbeit der Räte der örtlichen Organe der Staatsgewalt zu leiten und ihre Struktur den Erfordernissen der Durchführung der staatlichen Aufgaben, insbesondere der Volkswirtschaftspläne, anzupassen.“

 

Verfassungsgemäß oblag die Verwaltung unterhalb der Republikebene zunächst den Regierungen der Länder (Brandenburg, Mecklenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen), die freilich infolge des immer massiver werdenden zentralstaatlichen Machtanspruchs der Zonenregierung in zunehmendem Maße in ihren Befugnissen eingeschränkt wurden. Im Sommer 1952 wurde schließlich im Zuge der sog. Verwaltungsneugliederung die in der Verfassung angedeutete Generalklausel zugunsten einer unbeschränkten Organisationshoheit der Republik in verfassungswidriger Weise ausgedehnt, indem die sowjetzonalen Machthaber die Landesregierungen aufhoben und deren Aufgaben auf die Räte der vierzehn auf dem Gebiet der Länder gebildeten Bezirke übertrugen. Da diese Bezirke nicht etwa mit eigener Verwaltungsfunktion ausgestattete Bezirkskörperschaften, sondern lediglich unmittelbare staatliche Verwaltungseinheiten sind, stellen die Räte der Bezirke nichts anderes als zentralstaatliche Verwaltungs[S. 259]behörden der Bezirksstufe dar. Die Verwaltung der Kreise ist der der Bezirke nachgebildet. Die Räte der Bezirke bzw. Kreise sind mithin „Organe der Staatsgewalt“ im Bezirk bzw. Kreis, deren Arbeit vom Ministerrat geleitet wird und deren Struktur den Erfordernissen der Durchführung der staatlichen Aufgaben anzupassen ist.

 

Seit dem Sommer 1952 vollzieht sich folglich die gesamte staatliche Verwaltungstätigkeit in der Eigenverwaltung der Republik, deren zentralstaatliches Verwaltungsmonopol in krassester Weise durchgesetzt ist und selbst die kommunale ➝Selbstverwaltung beseitigt hat.

 

Die wesentlichste, wenn auch verfassungsrechtlich außerordentlich bedenkliche Grundlage für die staatliche Verwaltung in der SBZ ist gegenwärtig das „Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht“ vom 17. 1. 1957 (GBl. I S. 65), dessen § 28 ausdrücklich feststellt, daß die Räte der Bezirke, Kreise, Städte und Gemeinden dem Ministerrat bzw. den jeweils höheren Räten „unterstellt und rechenschaftspflichtig“ sind.

 

Literaturangaben

  • Duhnke, Horst: Stalinismus in Deutschland — Die Geschichte der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 15). Köln 1955, Kiepenheuer und Witsch. 378 S.
  • Friedenau, Theo: Rechtsstaat in zweierlei Sicht — Rechtstheorie und Rechtsausübung im demokratischen und totalitären Machtbereich … Berlin 1957, Verlag für internationalen Kulturaustausch. 206 S.
  • Friedrich, Gerd, und Heinrich von Zur Mühlen: Die Pankower Sowjetrepublik und der deutsche Westen (Rote Weißbücher 10). Köln 1953, Kiepenheuer und Witsch. 153 S.
  • Lukas, Richard: 10 Jahre sowjetische Besatzungszone … Mainz 1955, Deutscher Fachschriften-Verlag. 215 S.
  • Nettl, J. Peter: Die deutsche Sowjetzone bis heute — Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1953, Verlag Frankfurter Hefte. 464 S.
  • SBZ von 1945 bis 1954 — Die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands in den Jahren 1945 bis 1954 (gesichtet und zusammengestellt von Fritz Kopp). (BMG) 1956. 364 S. m. 9 Anlagen u. 1 Karte.
  • SBZ von 1955 bis 1956 — Die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands in den Jahren 1955 bis 1956. Ergänzungsband zu SBZ von 1945 bis 1954 (zusammengestellt und bearbeitet von Fritz Kopp und Günter Fischbach). Bonn 1958. 255 S. m. 3 Anlagen.
  • Schütze, Hans: Mitteldeutschlands Weg zur Volksdemokratie (hrsg. v. d. Niedersächs. Landeszentrale f. Heimatdienst). Hannover 1957. 78 S., 2 Taf.
  • Unrecht als System — Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet. (BMG) 1952. 239 S.
  • Unrecht als System, Bd. II — Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet 1952 bis 1954. (BMG) 1955. 293 S. Eine englische, eine französische und eine spanische Ausgabe bringen die in Bd. I zusammengestellten Dokumente.
  • Grottian, Walter: Das Sowjetische Regierungssystem (Die Wissenschaft von der Politik, Bd. 2). Köln 1956, Westdeutscher Verlag. Text 188 S., Quellenteil 168 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1958: S. 258–259


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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