DDR von A-Z, Band 1958

Literatur (1958)

 

 

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969


 

Das literarische Leben der SBZ ist beherrscht von der ständigen Auseinandersetzung um den politischen Auftrag der Dichter (die Stalin einmal als „Ingenieure der menschlichen Seele“ angesprochen hatte), um die Zweckbezogenheit künstlerischen Schaffens und um die von den Ideologen der SED diktierte Stilnorm des sozialistischen Realismus. „Literatur und bildende Künste sind der Politik untergeordnet, aber es ist klar, daß sie einen starken Einfluß auf die Politik ausüben. Die Idee der Kunst muß der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen.“ (Otto ➝Grotewohl anläßlich der Konstituierung der Kunstkommission 1951) Sechs Jahre später machte Alexander ➝Abusch (auf der Kulturkonferenz der SED) den Schriftstellern klar, „daß unsere Partei das kollektive Gewissen des Volkes ist und daß der Schriftsteller oder Künstler nur dann dieses Gewissen verkörpert, wenn er ein allezeit ergebener, selbstloser, opferbereiter Kämpfer im großen Kollektiv unserer Partei ist“. Staat und Partei versehen Kunst und L. jedoch nicht nur mit Direktiven, sondern fördern auch anpassungsfähige Talente durch Aufträge, Fortbildungsmöglichkeiten (Institut für Literatur), Honorare, Prämien und Preise. All diese Mittel haben nicht verhindern können, daß die Talente die SBZ verließen, verstummten oder von Werk zu Werk an Formkraft einbüßten. Namen, mit denen sich noch ein Begriff verbindet, sind: Johannes R. ➝Becher, Hans Franck, Ludwig Renn, Anna ➝Seghers, Ehm Welk, von den jüngst Verstorbenen: Bert ➝Brecht, Franz C. Weiskopf, Friedrich Wolf. Was sonst noch in Erscheinung tritt, gehört zur Kategorie der Produzenten von „Erbauungsliteratur“ oder kommunistischer Literaturfunktionäre. Sie sprechen eine so andere Sprache als die Schriftsteller des Westens, daß fruchtbare Kontakte kaum mehr zustande kommen. Auch die deutsche Sektion des PEN-Klubs hat sich gespalten und zählt in der sowjetzonalen Gruppe nur noch wenige westdeutsche Autoren. L.-Zeitschrift: „Neue deutsche Literatur.“ (Kulturpolitik, Kunstpolitik, Verlagswesen, Buchhandel, Theaterwesen, Filmwesen)

 

Literaturangaben

  • Balluseck, Lothar von: Kultura, Kunst und Literatur in der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 7). Köln 1952, Kiepenheuer und Witsch. 133 S.
  • Balluseck, Lothar von: Dichter im Dienst — der sozialistische Realismus in der deutschen Literatur. Wiesbaden 1956, Limes-Verlag. 161 S. m. 8 Tafeln.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1958: S. 194


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.