Menschenraub (1958)
Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969
Der sowjetzonale Staatssicherheitsdienst hat mit Hilfe gedungener krimineller Elemente wiederholt das Verbrechen des M. begehen lassen, um SBZ-Flüchtlinge oder Personen, die in der Bundesrepublik oder in Westberlin aktiv gegen das Unrechtsregime in der Zone tätig waren, in die Hände zu bekommen. Die dabei angewendeten Methoden reichen bis zur Giftbeibringung und zum brutalen Überfall auf der Straße. Von den Opfern derartiger Fälle war bis heute noch nichts wieder zu hören, öffentliche Gerichtsverhandlungen fanden nicht statt. Die Westberliner Polizei hat seit Herbst 1949 allein 194 Fälle von im Auftrag des SSD durchgeführten Entführungen registriert, besonders schwere Fälle waren die Verschleppung des Journalisten Alfred Weiland (1950 in Westberlin: Überfall auf der Straße), des Leiters der Abt. Wirtschaftsrecht im Untersuchungsausschuß [S. 205]Freiheitlicher Juristen, Dr. Walter ➝Linse (1952 in Westberlin: Überfall auf dem Wege ins Büro), des Vors. der russischen Emigranten-Organisation NTS, Dr. Truchnowitsch (1954 in Westberlin: Giftbeibringung in einer fremden Wohnung), des aus der SBZ geflüchteten ehemaligen SSD-Kommissars Silvester Murau (1955 aus der Bundesrepublik mit Hilfe der Tochter des Verschleppten) und des ebenfalls aus der SBZ geflüchteten ehemaligen Inspekteurs der Volkspolizei Robert Bialek (1956 aus Westberlin: Giftbeibringung in einer fremden Wohnung). Einige der im Aufträge des SSD tätig gewordenen Verbrecher wurden gefaßt und vom Westberliner Landgericht verurteilt: Knobloch (Fall Dr. Linse) zu zehn Jahren Zuchthaus, Benter (Vorbereitung im Fall Dr. Linse) zu drei Jahren Gefängnis, Tietze und Horeis (Fall Murau) zu zehn und zwölf Jahren Zuchthaus.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1958: S. 204–205