Volkseigene Industrie (1958)
Siehe auch die Jahre 1956 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Zur VEI gehören die nach 1945 enteigneten Betriebe. Durch den SMAD-Befehl 124 vom 30. 10. 1945 „über die Beschlagnahme und provisorische Übernahme einiger Eigentumskategorien in Deutschland“ waren mehrere zehntausend gewerbliche Unternehmungen sequestriert (Sequesterbefehl) worden, die in der Folge durch die SMAD nach drei Gruppen gegliedert wurden. Einer „Liste A“ wurden solche Betriebe zugeteilt, die einem Volksentscheid über eine Enteignung unterworfen werden sollten. Ein solcher Volksentscheid fand jedoch nur im Lande Sachsen (Juli 1947) statt. — In einer „Liste B“ waren solche Betriebe aufgenommen worden, die für die Enteignung kein großes Interesse boten (vornehmlich gewerbliche Unternehmen). Sie wurden unter großem propagandistischem Aufwand den Inhabern zurückgegeben. — Die „Liste C“ enthielt schließlich diejenigen Betriebe, die für den Übergang in sowjetisches Eigentum als SAG-Betriebe vorgesehen waren und durch den Befehl 167 vom 5. Juni 1946 „auf Grund der Reparationsansprüche der SU in sowjetisches Eigentum“ übergingen. (Eigentum)
Als Rechtsträger der VE-Betriebe waren „Vereinigungen Volkseigener Betriebe“ (VVB), Kreis- und Kommunalbehörden, Genossenschaften und die VdgB vorgesehen. Inzwischen sind organisatorische Veränderungen vorgenommen worden (Örtliche Industrie, Direktbetriebe). Nach Aussage des damaligen stellvertretenden Vors. der DWK, Selbmann, in einer Rede vom 4. 7. 1948, wurden insgesamt 9.281 gewerbliche Unternehmungen, darunter zahlreiche kleine und mittlere Handwerks-, Transport- und Handelsunternehmen enteignet.
Bis 1951 waren die VEB unselbständige Filialbetriebe der ihnen vorgeordneten VVB. Die Bilanzen der VEB waren Teilbilanzen der VVB; Produktions- und Finanzpläne der VEB waren Teilpläne der VVB. Die Hauptverantwortung lag bei den Hauptdirektoren der VVB.
Zum 1. 1. 1952 wurden die „volkseigenen“ Betriebe, die bis dahin den „Vereinigungen Volkseigener Betriebe“ auch finanziell unterstellt waren, in selbständig wirtschaftende Einheiten umgewandelt. Sie erhielten eigene finanzielle Grundausstattung und einen eigenen Umlaufmittelfonds; sie sind seitdem auch selbständige Steuerzahler.
Nach dem Stande von Ende 1956 gab es 5.206 VEI-Betriebe, davon waren 2.304 zentralgeleitet (VVB) und 2.902 örtlich geleitet. In der zentralgeleiteten VEI gab es 1,93 Mill., in der örtlichen Industrie 0, 27 Mill. Arbeiter und Angestellte. (Zum gleichen Stichtag gab es noch 12.422 kleine und mittlere private Industriebetriebe mit zusammen 441.000 Beschäftigten.) — Auf die VEI entfielen im Jahre 1956 neun Zehntel (40,8 Mrd. DM Ost) der in der gesamten Industrie erzeugten [S. 335]Werte, davon wiederum neun Zehntel auf die zentral geleitete VEI. Durch Gesetz vom 11. 2. 1958 wurde eine umfassende Reorganisation der VEI eingeleitet, die bis zum Herbst 1958 abgeschlossen sein soll. Sie ist gekennzeichnet einerseits durch die Zentralisierung aller wirtschaftlichen Macht bei der Staatlichen ➝Plankommission und andererseits durch eine Dezentralisierung der die Betriebe anleitenden und kontrollierenden Organe (Produktionsministerien, VVB, Wirtschaftsräte). Durch die Reorganisation wird die Zahl der zentral verwalteten VEI-Betriebe um 565 vermindert, entsprechend erhöht sich die Zahl der örtlich geleiteten Industriebetriebe. Als Exekutivorgane der Staatlichen Plankommission sollen bei den Räten der Bezirke Wirtschaftsräte, bei den Räten der Kreise „Plankommissionen“ gebildet werden, deren Aufgabe sein soll, die Durchführung der Wirtschaftspläne in Zusammenarbeit mit den neuen VVB und in engem Kontakt mit den Produktionsbetrieben selbst sicherzustellen. Auf die Örtliche Industrie sollen künftig etwa 40 v. H. der gesamten Produktion der Industrie entfallen. Selbst sowjetzonale Wirtschaftsfunktionäre bezweifeln, ob es durch eine neue Reorganisation der VEI gelingen wird, den Wirtschaftsablauf in der SBZ reibungsloser zu gestalten. (Wirtschaftssystem)
Literaturangaben
- Krömer, Eckart: Die Sozialisierung in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands als Rechtsproblem. Göttingen 1952, Otto Schwartz. 184 S.
- Samson, Benvenuto: Planungsrecht und Recht der volkseigenen Betriebe in der sowjetischen Besatzungszone. Frankfurt a. M. 1953, Alfred Metzner. 121 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1958: S. 334–335
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