Wohnungsbau (1958)
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[S. 356]Der W. ist in der SBZ seit Kriegsende zugunsten der Errichtung der Industrie- und militärischen Bauten völlig vernachlässigt worden, obwohl erhebliche Kriegsschäden an Wohnungen entstanden waren. Für die Jahre bis 1950 hat das SED-Regime keine Zahlen über den W. veröffentlicht, die amtlichen Zahlen für die Jahre 1951–1955 sind so unklar gefaßt, daß kein eindeutiges Bild zu gewinnen ist. Für diese Jahre hat man die Zahlen der neu bezogenen und der wiederinstandgesetzten Wohnungen zusammengezogen. Immerhin ist diesen Zahlen zu entnehmen, daß die W.-Tätigkeit bis 1950 gleich Null gewesen ist. Für die Jahre 1951 bis 1955 ergibt sich ein Wohnungszugang, der entsprechend der geringeren Bevölkerungszahl in der Zone gegenüber dem W. in der BRD nur etwa ein Viertel bis ein Drittel betragen haben muß: während in der BRD in dieser Zeit 2½ Mill. Wohnungen gebaut wurden, kam man in der SBZ auf etwa 150.000. In der BRD wurden 1956 und 1957 zusammen 1,1 Mill. Wohnungen neu bezogen, die SBZ meldete dagegen für 1956 als „instandgesetzt und neugebaut“ rund 32.800 Wohnungen, und für 1957 „über 28.000 mehr als im Vorjahr“. In der SBZ sind 1957 sicherlich nicht mehr als 50.000 Neubauwohnungen bezogen worden. Das entspräche einem Viertel der W.-Tätigkeit in der BRD. — Das SED-Regime verkündet neuerdings, es wolle sich nunmehr intensiv dem W. zuwenden, obwohl die unverminderte Mangelsituation bei Baustoffen, Baumaschinen und Baufacharbeitern allgemein bekannt ist. Das SED-Regime will auch in Zukunft den Bau von neuen Industrieanlagen, Häfen und militärischen Anlagen als vorrangig durchführen lassen. Investitionsbauten und W. gleichzeitig zu forcieren, geht aber über die wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten der Zone hinaus. Die neuerlichen Verlautbarungen des SED-Regimes, ab 1960 jährlich 100.000 Wohnungen bauen zu lassen, sind mit Sicherheit nur Propaganda.
Ab Anfang 1958 sind die „örtlichen Staatsorgane“ für den W. allein zuständig. Aus dem Staatshaushalt werden für den W. weniger Mittel bereitgestellt. Die Finanzierung soll überwiegend durch „Obligationen“ erfolgen, die von der Bevölkerung zu erwerben sind. Rückzahlung ist frühestens nach 20 Jahren möglich, der Zinssatz beträgt 4 v. H. Weitere Finanzquellen für den W. sind die Lottoeinnahmen (Lotto), Leistungen der Bevölkerung im Nationalen Aufbauwerk und „Einsparungen der örtlichen Volksvertretungen“, wobei gänzlich unklar ist, was unter letzterem zu verstehen ist. Der Rückzug der zentralen Verwaltungsstellen aus der Verantwortung für den W. zeigt, daß auch in Zukunft nicht ernsthaft an eine nachdrückliche Förderung des W. gedacht ist.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Vierte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1958: S. 356
Wittkowski, Margarete | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Wohnungswesen |