DDR von A-Z, Band 1959

Außenhandel (1959)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Der A. kam auf Betreiben der Besatzungsmacht, die damit die Leistungsfähigkeit der SBZ für die Reparationslieferungen zu steigern beabsichtigte, bereits Ende 1946 wieder in Gang. Die SMAD behielt sich die vollständige Kontrolle vor. Abwicklungen liefen nur über die Garantie- und Kreditbank. Erst seit 1. 9. 1949 wurde die Deutsche ➝Notenbank, später das Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel (MAI) eingeschaltet. Im Jahre 1946 waren die A.-Umsätze noch bescheiden, nahmen aber seit 1947 und 1948 beträchtlich zu. Seit 1949 ist der A. der SBZ bewußt in die Wirtschaftsplanung der Sowjetblockländer einbezogen. Da die vorher mit westlichen Ländern abgeschlossenen Handelsabkommen als Folge der Nichtanerkennung der „DDR“ durch die westlichen Staaten nicht erneuert werden konnten, liefen diese Verträge ab. Ziel der Wirtschaftsplanung der SBZ und der Sowjetblockstaaten (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) wurde die Errichtung einer weitgehenden wirtschaftlichen Autarkie des Sowjetblocks Entsprechend dem Wirtschaftssystem besteht in der SBZ ein staatliches A.-Monopol, das nachträglich gesetzlich fixiert wurde (Gesetz v. 9. 1. 1958). Als A.-Organ wurde Mitte 1949 durch die DWK die Anstalt öffentlichen Rechts „Deutscher Außenhandel“ (abgekürzt DAHA) mit dem Sitz in Berlin gegründet, die bis Ende 1950 zwölf Fachanstalten errichtete. Ab 1. 9. 1951 wurde die DAHA als selbständige A.-Organisation aufgelöst und mit allen ihren Fachanstalten in die neue Organisation Deutscher ➝Innen- und Außenhandel (DIA) eingegliedert. Aus den bisherigen zwölf DAHA-Fachanstalten entstanden 17 (heute noch 12) „Volkseigene Handelsunternehmen Deutscher Innen- und Außenhandel“ (VEH-DIA) als Organe des Ministeriums für Außenhandel und Innerdeutschen Handel (MAI). Neben den VEH-DIA bestanden Anfang 1959 weitere zwölf A.-Gesellschaften in GmbH.-Form, die zu den staatlichen A.-Unternehmen gezahlt werden müssen. Sie entstanden teils als Neugründungen aufgelöster, teils durch Herausnahme bestimmter Warenbereiche aus noch bestehenden DIA-Anstalten. Zum Import von Vorbehaltsgütern aus dem westlichen Ausland werden außerdem noch Staatliche Tarnfirmen eingesetzt.

 

Um den A. beweglicher zu gestalten, besteht seit Anfang 1954 für staatliche und private Industriebetriebe sowie Handwerker die Möglichkeit, sog. Eigengeschäfte mit westlichen Kunden über bestimmte Waren abzuschließen. Derartige Geschäfte müssen jedoch vom MAI bzw. dem zuständigen A.-Unternehmen genehmigt werden. Der private A. hat im übrigen keine Entfaltungsmöglichkeiten mehr.

 

Der sowjetzonale A. wird im Rahmen der Vereinbarungen abgewickelt, die vom MAI oder sonstigen Institutionen mit den Partnerländern getroffen werden. Während zwischen der SBZ und den Sowjetblockländern möglichst langfristige Handels- und Zahlungsabkommen (Fünfjahrplan) auf „Regierungsebene“ abgeschlossen werden, bestehen mit dem westlichen Ausland überwiegend Kammerabkommen, Bankenabkommen oder Kompensationsabkommen.

 

Das A.-Volumen entwickelte sich nach sowjetzonalen Angaben seit 1950 wie folgt (in Mill. Rubel):

 

 

[S. 39]

 

Abgesehen von Kalisalzen und Braunkohle (Kohlenindustrie) verfügt die SBZ nur über geringe Rohstoffvorkommen. Als hochindustrialisiertes Verarbeitungsland ist sie deshalb sehr importabhängig.

 

Die Warenstruktur im A. hat sich seit 1950 wesentlich verändert:

 

 

[S. 40]Als zweitgrößter Maschinenlieferant innerhalb des Sowjetblocks hat die SBZ besondere Bedeutung für die Wirtschaft der SU.

 

 

Die offiziell bekanntgegebenen Zahlen vermitteln kein vollständiges Bild der A.-Leistungen der SBZ, da ein großer Teil der Produktion als gegenwertlose Reparationsleistungen (Reparationen) von der Sowjetunion abgezogen wurde und nicht in der A.-Statistik erscheint. Auch die Aufkäufe der Sowjetischen Handelsgesellschaften erschienen nicht als A.-Umsätze. Ferner erschienen in den Statistiken nicht die sog. Befehlsexporte, die außerhalb der Exportpläne in sowjetischem Interesse durchgeführt wurden und 1951 z. B. mindestens 100–120 Mill. DM Ost ausmachten. Der sowjetzonale A. erfordert laufend beträchtliche Zuschüsse aus dem Staatshaushalt, die als Preisausgleich bezeichnet werden. Der Preisausgleich wird durch staatliche Subventionierung der Exportwaren, deren Gestehungskosten häufig weit über Weltmarktpreisen liegen, und Belastung der Importgüter mit Steuern und Preisaufschlägen vorgenommen (Preispolitik). Neuere Zahlenangaben über die Höhe der Preisausgleichszahlungen liegen nicht vor.

 

Die Preisgestaltung im A. mit den Ländern des Sowjetblocks erfolgte bis zum Jahre 1955 unabhängig von Weltmarktpreisen. Bei Abschluß langfristiger Handelsabkommen wurden Preisbasen für die wichtigsten Import- und Exportgüter vereinbart, die für die Dauer es Abkommens galten und bei bestimmten Gütern weit unter Weltmarktpreisen, zum Teil sogar unter Selbstkosten lagen. Hauptnutznießer war die SU, die so Industrieausrüstungen, Maschinen u. a. außerordentlich billig einkaufen konnte. Polen gab den Anstoß, daß ab 1956/57 Weltmarktpreise als Grundlage zur A.-Preisbildung innerhalb des Sowjetblocks herangezogen werden. Die A.-Planung der SBZ geht wie in allen Sowjetblockstaaten stets vom Importbedarf aus. Exporte erfolgen mit dem Ziel, für die geplanten Importe die erforderlichen Devisen hereinzubekommen. Häufig werden deshalb unrentable Exporte in Kauf genommen, die die Verlustwirtschaft des sowjetzonalen A. noch vergrößern.

 

Literaturangaben

  • Förster, Wolfgang: Das Außenhandelssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 3., verb. Aufl. (BMG) 1957. 137 S. m. 2 Anl. u. 1 Karte.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 38–40


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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