
Erwachsenenbildung (1959)
Siehe auch:
Während die E. in Deutschland sich in der Zeit zwischen den Kriegen über die reine Wissensvermittlung der älteren Volksbildung erhoben hatte und als eine den ganzen Menschen und das ganze Volk erfassende Bildungsaufgabe verstanden wurde, war der rasche Wiederaufbau des Volkshochschulwesens in der SBZ nach dem Zusammenbruch von sowjetischen Konzeptionen bestimmt, d. h. einerseits von der alten Arbeiterbildungsparole „Wissen ist Macht“, zum anderen, wenn auch für viele deutsche Mitarbeiter zunächst nicht erkennbar, von der alle Erziehungsbereiche durchdringenden ideologischen Ausrichtung auf die bolschewistische Doktrin (Marxismus-Leninismus, Stalinismus). Von vornherein wurde das Erziehungsmonopol des Staates auch für die E. geltend gemacht und das Volkshochschulwesen damit der Lenkung durch die den Staat mehr und mehr beherrschende kommun. Partei (SED) unterstellt. Nach einer kurzen Periode, in der — wie auf anderen Erziehungsgebieten — der Idealismus deutscher Reformpädagogen von der Besatzungsmacht zugelassen worden war, das Volkshochschulprogramm sich aber mehr oder weniger in berufsfördernden Fortbildungskursen erschöpft hatte, begann 1948 die bewußte Lenkung der E. im Sinne ideologischer Plan[S. 100]aufgaben; dementsprechend wurde die E. auch selbst Objekt der Planpolitik („Die Hörerzahl der Volkshochschulen ist von 305.000 auf eine Million zu erhöhen.“). Im Sinne der Bedeutung, die das Regime der E. für die Erfüllung der Wirtschaftspläne und für die „Qualifizierung“ der „mittleren Kader“ in Staat, Partei und Wirtschaft beimaß, wurde aber nicht nur der Apparat des Volkshochschulwesens zentralisiert, seine ideologische Ausrichtung institutionell und personalpolitisch gesichert, sondern es wurden auch erhebliche Mittel für den Ausbau des Volkshochschulnetzes, die Vermehrung der vollamtlichen Leiter und Dozenten, ihre Schulung und angemessene Honorierung aufgewendet. Die E. näherte sich allerdings in Stoff und Methode mehr und mehr der Kulturellen Massenarbeit und war von 1954 bis 1957 auch der gleichnamigen Hauptabteilung des Ministeriums für Kultur unterstellt. Andererseits schrumpfte der Wirkungsbereich der E. von Jahr zu Jahr ein. Das gesamte Einzelvortragswesen war bereits 1955 an die Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse abgegeben worden; andere Aufgabengebiete fielen an die Technischen ➝Betriebsschulen, die Betrieblichen ➝Kulturstätten, die Volkskunstkabinette, die technischen Kabinette, vor allem aber auch an das Fernstudium der Fachschulen. Gegenwärtig befindet sich das Volkshochschulwesen der SBZ, das dementsprechend auch seit 1957 wieder dem Volksbildungsministerium untersteht, in der Umbildung zu einer allgemeinbildenden (Abend-Schule für Erwachsene nach sowjetischem Muster, nach den Lehrplänen und meist in den Räumen der allgemeinbildenden Schulen sowie „mit dem Ziel, den vollen Abschluß der Grund-, Mittel- und Oberschule zu erreichen“. 1956 gab es 225 Volkshochschulen mit 2.015 Außenstellen in Gemeinden, 1836 in Betrieben und mit 478 hauptberuflichen Dozenten. Der Staat wendete im gleichen Jahr 17,2 Mill. DM Ost für die Volkshochschulen auf. — Zeitschrift: „Die Volkshochschule“. (Kulturpolitik, Erziehungswesen, Schule)
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 96, 100
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