DDR von A-Z, Band 1959

Familienpolitik (1959)

 

 

Siehe auch:


 

Die F. in der SBZ orientiert sich seit 1949/50 ganz am sowjetischen Modell. Der Wert der Familie soll durch ihren Wert für die „Arbeiter-und-Bauern-Macht“ bestimmt werden. Von diesem Standpunkt aus weist die staatliche F. der Familie eine dreifache Funktion zu: 1. Die Familie hat Sorge zu tragen für die Sicherung eines ausreichenden Kadernachwuchses für alle Gebiete des staatlichen Lebens. Kinderreiche erhalten finanzielle Zuwendungen durch den Staat. Schwangerschaftsunterbrechungen sind nur aus gesundheitlichen Gründen statthaft. — 2. Die Familie soll ihre Interessen mit den Interessen der staatlichen Planwirtschaft identifizieren. In diesem Zusammenhang erstrebt die F vor allem die Einbeziehung der Ehefrau und Mutter in den Produktionsprozeß. Der Bau von Heimen und Horten für Kinder berufstätiger Mütter wird forciert vorangetrieben. Eine berufliche und politische Tätigkeit kann die Ehefrau gegebenenfalls auch ohne das Einverständnis des Mannes ausüben. Auch eine damit verbundene längere Abwesenheit vom gemeinsamen Wohnsitz ist kein Scheidungsgrund. Grundsätzlich soll alle Arbeit zur Erfüllung der Wirtschaftspläne als Arbeit für das Wohlergehen der Familie verstanden werden. — 3. Die Familie soll in engster Zusammenarbeit vor allem mit Schule und FDJ Erziehungsstätte des „sozialistischen Menschen“ sein. Der 1954 veröffentlichte Entwurf eines Familiengesetzbuches betont den Anspruch des Staates auf maßgeblichen Einfluß in der Kindererziehung und macht den Eltern u. a. zur Pflicht, ihre Kinder im Sinne der „Arbeiter-und-Bauern-Macht“ zu erziehen. Anderenfalls ist die zuständige staatliche Dienststelle berechtigt, „die erforderlichen Anordnungen zu treffen“, d. h. die Kindererziehung völlig in staatliche Regie zu nehmen. — Durch diese dreifache Zielsetzung wird der Eigenwert der Familie völlig aufgehoben. Die Familie wird zum Werkzeug politischer Zielsetzung. Innerhalb dieser Absichten erstrebt die staatliche F. allerdings eine Festigung der Familie und keineswegs ihre Auflösung. (Familienrecht)

 

Literaturangaben

  • Hagemeyer, Maria: Zum Familienrecht der Sowjetzone — Der „Entwurf des Familiengesetzbuches“ und die „Verordnung über die Eheschließung und Eheauflösung“. 3., überarb. Aufl. (BMG) 1958. 75 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 102


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.