
Wasserwirtschaft (1959)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985
Als Folge des überhöhten Holzeinschlages nach Kriegsende (Reparationen) und des dadurch verursachten Absinkens des Grundwasserspiegels, aber auch durch die erhebliche Zunahme des Wasserbedarfs der Industrie und des Bergbaus traten in den Nachkriegsjahren in der SBZ sehr fühlbare Wasserversorgungsschwierigkeiten auf. Etwa 80 v. H. des Wasseraufkommens in der SBZ werden als Brauchwasser von der Industrie benötigt. Man stellte 1951 fest, daß zur Erfüllung der hochgesteckten Planziele in Industrie und Landwirtschaft eine 75proz. Steigerung der Wasservorratshaltung erforderlich ist. Nach Auflösung der etwa 3.500 regionalen Wasser- und Bodenverbände wurde 1952 eine streng zentralistische Neugliederung der Organisation der Wasserwirtschaft verfügt. Man legte 15 Großeinzugsgebiete fest, in denen je ein „VEB Wasserwirtschaft“ für Wasserversorgung, Kanalisation, Vorflut- und Abwasserregelung sowie für Wasserhygiene zuständig ist. Die Verwaltungsspitze ist das Zentrale Amt für Wasserwirtschaft, Sitz Berlin. — Das erste größere wasserwirtschaftliche Bauvorhaben war die Errichtung der „Sosa-Talsperre“ im Erzgebirge, die im Jahre 1953 nach einer Bauzeit von rund zwei Jahren fertiggestellt wurde. Die Sosa-Talsperre dient mit ihrem Fassungsvermögen von maximal 6 Mill. cbm vor allem der Sicherstellung des Wasserbedarfs für den sowjetischen Uranbergbau im Erzgebirge. Das zweite und bisher größte Projekt ist der 1952 in Angriff genommene Bau der „Rapp-Bode-Talsperre“ bei Blankenburg im Harz. Hier hatte man bereits vor 25 Jahren mit Abraumarbeiten begonnen, die aber wieder eingestellt worden waren. Diese Talsperre soll in der Endausbaustufe, die bis 1960 erreicht sein soll, 110 Mill. cbm Wasser speichern können und damit der viertgrößte Wasserspeicher in Gesamtdeutschland sein. Durch sie soll die Wasserversorgung für die Industrie, die Landwirtschaft und für eine Bevölkerung von 2 Millionen Menschen im Raum Halle-Magdeburg sichergestellt werden. Das dritte große wasserbauliche Vorhaben ist noch Projekt: Der Bau eines großen mitteldeutschen Verbundnetzes für die Wasserversorgung mit dem Namen „Elbaue-Projekt“ ist geplant. Rohrleitungen mit einer Gesamtlänge von 480 km sollen das Industriegebiet im Raume Dessau-Halle-Leipzig-[S. 390]Torgau-Wittenberg-Bitterfeld umschließen und den Industriebetrieben täglich zusätzlich 200.000 cbm Wasser zuführen. Weitere wasserwirtschaftliche „Perspektivpläne“ sehen u. a. vor: Bau von drei Talsperren im Thüringer Wald, einer Talsperre im Südharz und 15 Rückhaltebecken im Unstrutgebiet. Nach Meinung von Fachleuten der SBZ sollen jedoch alle diese Pläne nicht ausreichen, um den zu erwartenden gesteigerten Bedarf der Industrie sicherzustellen. — Erhebliche Schwierigkeiten macht auch das Problem der Regenerierung und Wiederverwendung der in immer größeren Mengen anfallenden Abwässer der Chemischen Industrie, wofür nur unzureichend Investitionsmittel bereitgestellt werden.
Als Energieträger, d. h. zu Erzeugung von Elektroenergie, dient die Wasserkraft in der SBZ nur in geringem Umfange: nur 1,5 v. H. der Elektroenergie (Energieerzeugung) wird in Wasserkraftwerken erzeugt. Zum Ausgleich der Belastungsspitzen an einigen Stunden des Tages sind die Wasserkraftwerke jedoch von Bedeutung.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 389–390