DDR von A-Z, Band 1959

Ministerium für Nationale Verteidigung (1959)

 

 

Siehe auch:


 

Diesen Namen erhielt das Oberkommando der [S. 243]Kasernierten Volkspolizei (KVP) am 18. 1. 1956, als die KVP in Nationale Volksarmee (NVA) umbenannt wurde. Leiter des M.: Armeegeneral Willi Stoph, einer der Stellv. des Ministerpräsidenten. Das M. hat folgende Gliederung: Hauptstab der NVA, der zugleich Oberkommando des Heeres ist. (Chef des Hauptstabes: Generaloberst Heinz Hoffmann, 1. Stellv. des Ministers, zugleich der Vertreter der „DDR“ im Oberkommando des Warschauer ➝Beistandspaktes. — Stellv. des Chefs des Hauptstabes: Generalmajor Pech.) Dem Hauptstab unterstehen die Stäbe: Operativ (= Generalstab); Werbung und Auffüllung; Aufklärung (= Höhere Spionage-Auswertung); Nachrichtenwesen; Topographische Dienste; Organisation und Nachweisführung; Transportwesen.

 

Dem Minister ist unmittelbar untergeordnet die Politverwaltung der gesamten NVA (Leiter: bis 26. 8. 1959 Generalmajor Dölling, nun Vizeadmiral Waldemar ➝Verner, auch Altkommunist). Sie ist als überterritorialer Bezirksverband der SED zugleich dem ZK der SED unterstellt. Ihr untersteht die Selbständige Abteilung D, die unter Anwendung aller Methoden der getarnten Infiltration die Bundeswehr zersetzen soll (Leiter: Oberst Mrochen). Eine Sonderstellung hat auch die Militär-Staatsanwaltschaft.

 

Das M. enthält ferner folgende Verwaltungen: Ausbildung; Inspektion; Kader (= Personalabteilung für Offiziere); Rückwärtige Dienste; Pioniere; Artillerie; Panzer; Luftverteidigung; Kraftfahrzeugwesen; Besondere Vorkommnisse; Chiffrierwesen; Verschlußsachen; Medizin; Lehranstalten; Bewaffnung; Bauwesen.

 

Der Sitz der Verwaltung Luftstreitkräfte ist im M. Das Kommando der Luftstreitkräfte befindet sich in Cottbus, die Verwaltung Seestreitkräfte ebenso wie das Kommando Seestreitkräfte in Rostock. Eine Sonderstellung hat die sog. Verwaltung „2.000“ (= die Leitung der Abwehrorganisation des Staatssicherheitsdienstes in der NVA). — Ein besonderes Gewicht hat die Ingenieurtechnische Verwaltung, sie leitete bis 1958 das Amt für ➝Technik, dann die Abt. Forschung/Entwicklung (Ost-Berlin). Ohne als Verwaltung bezeichnet zu werden, hat jede der folgenden Abteilungen das Gewicht einer „Verwaltung“: Forschung/Entwicklung; Chemische Dienste; Militärwissenschaft; Dolmetscher; Ausland (= Spionage außerhalb der Bundesrepublik).

 

Der militärische Nachrichtendienst (Spionagedienst) der NVA, der schon seit 1952 arbeitet, heißt seit 1958 Verwaltung für Koordinierung (VfK). Diese besonders großzügig ausgebaute VfK sitzt nicht in Strausberg, sondern in Berlin-Grünau (Leiter: Oberst Willi Sägebrecht). Mit rund 500 Mann in vier Hauptabt. und in einer selbständigen Abt. leitet die VfK die weitgespannte militärische und rüstungstechnische Spionage in der Bundesrepublik und in fast ganz Westeuropa.

 

Der 2. Stellv. des Ministers ist: Vizeadmiral Waldemar ➝Verner, Chef der Seestreitkräfte. Weitere, wahrscheinlich gleichberechtigte Stellv. sind: Generalleutnant Heinz ➝Keßler, Chef der Luftstreitkräfte; Generalmajor Erwin ➝Freyer, Leiter der Ingenieurtechnischen Verwaltung, einer der stellv. Vorsitzenden der Staatlichen ➝Plankommission, und Generalmajor Pech. Bis zum Wechsel in der Leitung der Polit. Verw. war deren Leiter auch Stellv. des Ministers. Das M. befindet sich zum größten Teil in Strausberg (ostwärts Berlin). Im Ministerium sind rund 3.200 Offiziere und Angehörige der NVA tätig, ferner 80 Sowjetoffiziere und 900 Angestellte.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 242–243


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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