DDR von A-Z, Band 1959

Produktionsgenossenschaften, Landwirtschaftliche (LPG) (1959)

 

 

Siehe auch:


 

Organisationsform der Zusammenschlüsse vorwiegend werktätiger ➝Bauern und Landarbeiter zu einem kollektiven landwirtschaftlichen Betrieb zwecks gemeinsamer Bewirtschaftung und Nutzung der eingebrachten und der vom Staat bereitgestellten Bodenflächen und Produktionsmittel. Bis jetzt treten 3 Typen in Erscheinung. Typ I: nur das Ackerland wird eingebracht. Typ II: neben dem Ackerland werden auch tierische und motorische Zugkräfte sowie Maschinen in die P. eingebracht. Typ III stellt praktisch schon insofern den Kolchos dar, als hier auch Nutzviehhaltung, Grünland und Wald in die P. mit einbezogen werden.

 

Die Bildung von P. wurde eingeleitet durch die Verlautbarung Ulbrichts über den Aufbau des Sozialismus anläßlich der II. Parteikonferenz der SED vom 9.–12. 7. 1952. Als Werbung für den „freiwilligen“ Zusammenschluß in P. wurden umfangreiche Vergünstigungen (Ablieferungserleichterungen, Steuerermäßigungen, Bezugs- und Krediterleichterungen, niedrigster MTS-Tarif u. a.) eingeräumt.

 

Durch die offizielle politische und staatsbürokratische Förderung der P. werden alle außerhalb dieser stehenden Privatbetriebe so benachteiligt, daß auf sie ein zunächst indirekter, aber nachhaltiger Druck zur Aufgabe der Individualbewirtschaftung ausgeübt wird. Ende 1958 bestanden 9.637 P. mit 352.938 Mitgliedern, die eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 2,4 Mill. ha bewirtschafteten (37,0 v. H. der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche der SBZ). Nachdem die Entwicklung der P. i. J. 1959 vorübergehend rückläufig gewesen war, setzte Anfang 1960 eine systematische Kampagne der SED ein, dazu bestimmt, den Widerstand des letzten Bauern zu brechen. SED- und FDGB-Funktionäre, Aktivisten, Organe der Polizei, der Staatsanwaltschaften, des SSD überschwemmten die Dörfer, Verhaftungen, Selbstmorde, Nervenzusammenbrüche, Fluchtversuche häuften sich, und mit dem Beitritt zur P. wurde oft auch noch die Erklärung erpreßt, daß er „freiwillig“ erfolgt sei. Im Laufe weniger Wochen wurden 8 von 14 Bezirken als „vollsozialisiert“ gemeldet. Die tatsächlichen Ergebnisse dieser Terroraktion und ihre Folgen werden vermutlich erst nach Jahren zu übersehen sein. — Auf die LPG-Hochschule Meißen können Mitgl. oder Funktionäre der P. durch die Mit[S. 279]gliederversammlung zu 2jährigem, gebührenfreiem Studium delegiert werden. Es endet mit dem Staatsexamen als „Diplom-Agronom“. Handwerkschaftliche Produktionsgenossenschaften (HPG) Handwerk, Produktionsgenossenschaften werktätiger Fischer (FPG). (Landwirtschaft)

 

Literaturangaben

  • Gade, H.: Die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in der SBZ. (Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, Jg. 1957, H. 3)
  • Kramer, Matthias: Die Landwirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. 4. Aufl. (unter Mitarb. v. Gerhard Heyn und Konrad Merkel). (BB) 1957. Teil I (Text) 159 S., Teil II (Anlagen) 224 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 278–279


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.