Staatssicherheitsdienst (SSD, Stasi) (1959)
Siehe auch:
- Staatssicherheitsdienst: 1969
Politische Geheimpolizei der SBZ. Bereits Ende 1946 wurde mit dem Aufbau eines geheim arbeitenden Polizeiapparates zur Verfolgung politischer Gegner des SED-Regimes begonnen. Organisatorisch wurde dieser Apparat in die Kommissariate „K 5“ der Kriminalpolizei eingebaut, die für die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Naziverbrechen zuständig waren. Bald nach Gründung der „DDR“ durch Gesetz vom 8. 2. 1950 (GBl. 1950, S. 95) amtlich als Organ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bezeichnet. Erster Minister für Staatssicherheit: Wilhelm ➝Zaisser. Nach dem Juni-Aufstand in das „Staatssekretariat für Staatssicherheit“ umgewandelt und dem Ministerium des Innern (MdI) unterstellt. Seit Nov. 1955 wieder MfS. Minister seit 1957: Erich ➝Mielke als Nachfolger des in Ungnade gefallenen Ernst ➝Wollweber. Im Febr. 1957 hat das MfS die Bereitschaftspolizei, Grenzpolizei und Trapo an das MdI abgegeben. Dem MfS untersteht nur noch ein Wachregiment.
Sitz des MfS: Berlin-Lichtenberg, Bezirksverwaltungen in allen Bezirkshauptstädten und im Sowjetsektor Berlins; Kreisverwaltungen in den Kreisen. Bis 1954 waren allen Einheiten des SSD Instrukteure des sowjetischen MGB zugeteilt. Arbeitsweise: Ermittlungs-, Untersuchungs- und Vernehmungsmethoden nach dem Vorbild der KGB. Der SSD stützt sich in erster Linie auf die Berichte seiner Geheimen Informanten (Spitzelwesen).
Der SSD hat sämtliche Lebensbereiche der SBZ gegen alle nichtsowjetischen Regungen und antikommunistischen Gedanken geheimpolizeilich zu „sichern“. Daneben betreibt er eine getarnte Nachrichtentätigkeit (d. h. Spionage in West-Berlin, in der Bundesrepublik und im westlichen Ausland. Dabei stützt sich die „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA) des MfS, die diese „Nachrichtenarbeit“ leitet, auf teils legale, teils illegale „Residenturen“ (= Spionageköpfe). Diese „Residenturen“ des MfS arbeiten konspirativ (d. h. streng verdeckt) 1. in den gesamtdeutschen Abteilungen aller Parteien und Massenorganisationen; 2. in allen Organisationen und Einrichtungen, die durch Kontakte auf dem Wege der Infiltration in die Bundesrepublik hinein wirken; 3. in vielen Stellen und Einrichtungen der Wirtschaft und der technisch-militärischen Forschung außerhalb der SBZ.
Er unterliegt keiner Kontrolle durch die Volkskammer oder die Regierung der „DDR“, „er ist eine Behörde eigener Verantwortung“ (Otto Nuschke auf einem Presseempfang in Bonn am 20. 9. 1952). Er ist offiziell an die Demokratische Gesetzlichkeit gebunden, jedoch sind Verletzungen dieser Gesetzlichkeit an der Tagesordnung, wenn auch die bis zum Jahre 1954 zu beobachtenden Vernehmungs- und Behandlungsmethoden gegenüber politischen Untersuchungsgefangenen (Licht-, Wasser- und Kältezellen, Verpflegungsentzug, schwere Mißhandlungen) selten geworden sind. Die erwünschten Aussagen und Geständnisse erzielt der SSD nötigenfalls durch zermürbende Dauerverhöre. Die Hauptabt. V des MfS ist mit Planung und Durchführung von Verschleppungen aus dem Westen beschäftigt (Menschenraub).
SSD-Angehörige führen militärische Dienstgrade und sind neben SSD-Ausweis mit Kripo-Ausweis und getarnten Papieren ausgestattet. Stärke: etwa 13.000 Zivil tragende Offiziere, Unteroffiziere und Angestellte, einschließlich der 1.450 Angehörigen des MfS, ohne das rund 2.500 Mann zählende verstärkte Wachregiment des MfS.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 344
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