DDR von A-Z, Band 1959

Eisenbahn (1959)

 

 

Siehe auch:


 

Von allen Verkehrsmitteln hatte die Reichsbahn am schwersten unter den Kriegsfolgen gelitten. Die wichtigsten Strecken und Bahnhöfe waren fast unbefahrbar, 65 v. H. der Lokomotiven, 60 v. H. der Reisezugwagen und 50 v. H. der verbliebenen Güterwagen beschädigt sowie 970 E.-Brücken zerstört und 35 v. H. der Gleisanlagen demontiert.

 

Die Länge der verlegten Gleise schrumpfte durch die Demontagen der Sowjets von etwa 18.500 km auf etwa 14.500 km zusammen. Ganze Strecken von Haupt-, Neben- und Kleinbahnen wurden abgebaut, wodurch die Netzdichte von rd. 17 km je 100 qkm im Jahre 1938 auf rd. 14 km nach der Demontage sank. Mehr als 5.000 km mehrgleisige Strecken mußten auf eingleisigen Betrieb umgestellt werden. Die Durchlaßfähigkeit der Strecken wurde etwa um ein Viertel gemindert. Die Unterhaltung der Strecken ist äußerst unzureichend. Es fehlt an Schienen und Schwellen, so daß sich über 50 v. H. des Oberbaus in einem den Betrieb gefährdenden Zustand befinden. Dem Wiederaufbau der zweiten Gleise auf Hauptstrecken, der erst in den letzten Jahren etwas vorangekommen ist, sind durch den Mangel an Material Grenzen gesetzt. Die gegenwärtige Betriebslänge der E. beträgt 16.000 km, davon sind 14.700 km Normalspur. 1957 begann man den Wiederaufbau der demontierten Anlagen für den elektrischen Zug- Betrieb. Die Strecken Halle–Köthen, Leipzig–Dessau und Leipzig–Halle konnten wieder auf elektr. Betrieb umgestellt werden.

 

Die „Deutsche Reichsbahn“ verfügt über rd. 125.000 Güterwagen, die zur Bewältigung der laufenden Transportaufgaben nur sehr knapp ausreichen. Ein besonderes Problem für den Lebensmittel- und Fischtransport stellt der Mangel an Kühlwagen dar. Eine nennenswerte Abhilfe ist vorläufig kaum zu erwarten, da die SBZ die von ihr produzierten Kühlwagen und Kühlzüge zum größten Teil nach der SU und den „volksdemokratischen“ Ländern exportieren muß. Bei Lokomotiven ist der drückende Mangel der Vorjahre jetzt etwas gemildert, so daß eine kleine Betriebsreserve unterhalten werden kann. Bis 1960 sollen der Wagenpark um 17.000 neue Güterwagen und der Lokbestand um 485 Einheiten vergrößert werden. Der Reise- und Berufsverkehr wird durch den Einsatz neuer Doppelstock-Reisezugwagen und -Gliederzüge verbessert.

 

Im Jahre 1957 betrug die gesamte Transportleistung im Güterverkehr (alle Verkehrszweige) 35,8 Mrd. Tonnen-Kilometer, von denen 28,6 Mrd. (= 80 v. H.) von der E. abgewickelt wurden (1950: 18,6 Mrd. tkm, davon E. 15,1 Mrd. tkm). Im Personenverkehr wurde mit rd. 1,4 Mrd. beförderter Personen der Vorkriegsstand bereits überschritten. Die Leistungen der E. sind um so höher einzuschätzen, als sie trotz schwerer Mängel an den Anlagen und bei dem rollenden Material zustande kommen.

 

Literaturangaben

  • Olbrich, Paul: Die Fahrzeugwirtschaft bei der „Deutschen Reichsbahn“ der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1955. 88 S. m. 14 Tab. u. 10 Anlagen.
  • Olbrich, Paul: Betrieb und Verkehr bei der „Deutschen Reichsbahn“ in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1957. 72 S. m. Anlagen.
  • Seidel, Wolfgang: Verkehrswirtschaft und Verkehrspolitik in der sowjetischen Besatzungszone. (Mat.) 1953. 235 S. m. 72 Tab. u. 9 Schaubildern.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Fünfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1959: S. 90


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.