DDR von A-Z, Band 1960

Atomenergie (1960)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der A. begannen in der SBZ Ende 1955. Beim Ministerrat wurde ein „Amt für Kernforschung und Kerntechnik“ errichtet. Wissenschaftler und Ingenieure mit speziellen Erfahrungen fehlten zunächst. In der neugegründeten Fakultät für Kerntechnik an der Technischen Hochschule Dresden, an den Universitäten Leipzig, Rostock, Jena und Ost-Berlin wurden Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen. Die Kammer der ➝Technik gründete einen „Arbeitskreis Kernpraxis“, der Kurse und Vorträge für interessierte Wissenschaftler, Ingenieure, Ärzte und Lehrer durchführt. Seit Anfang 1957 haben sowjetzonale Wissenschaftler eine zusätzliche Ausbildungsmöglichkeit durch Teilnahme an der Arbeit im „Vereinigten Institut für Kernforschung“ in Dubna (SU).

 

Mit Unterstützung durch die SU wurde nach 1½jähriger Bauzeit in Rossendorf bei Dresden Mitte Dezember 1957 der erste Forschungsreaktor in Betrieb genommen. Das gleiche Institut erhielt 1958 ein Zyklotron mit 120 t Magnetgewicht. Das besondere Interesse der Sowjetzonenverwaltung gilt angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten in der Energieerzeugung der Ausnutzung der A. für die Erzeugung von Kraftstrom. Das ständige Zurückbleiben der Elektroenergieerzeugung hinter dem steigenden Bedarf der Industrie erfordert nach sowjetzonalen Angaben bereits im Jahre 1970 Atomkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 3.000 Megawatt. (Vergleich: die Kapazität aller Kraftwerke der SBZ betrug 1958 6.492 Megawatt Engpaßleistung.)

 

Ende 1957 wurde nördlich von Berlin bei Neuglobsen (Uckermark) der Bau eines ersten A.-Kraftwerkes mit einer Leistung von 70 Megawatt begonnen. Der Betrieb sollte nach den ursprünglichen Plänen bereits 1960 aufgenommen werden. Weitere 5 A.-Kraftwerke sind geplant.

 

Es ist bisher nicht gelungen, die Wirtschaftlichkeit solcher A.-Kraftwerke nachzuweisen. Gleichwohl wird an der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung weitergearbeitet. Dabei sind, außer dem weisunggebenden „Amt für Kernforschung“, beteiligt: das Zentralinstitut für Kernphysik in Dresden (mit dem Forschungsreaktor in Rossendorf), die Fakultät für Kerntechnik der Techn. Hochschule Dresden mit verschiedenen Instituten und das wissenschaftlich-technische Büro für Reaktorbau in Berlin.

 

Literaturangaben

  • *: Der Kohlenbergbau und die Energiewirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands im Jahre 1955 und nach der Planung 1956/60. (FB) 1957. 91 S. m. 5 Anlagen.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 39


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.