DDR von A-Z, Band 1960

Haftarbeitslager (HAL) (1960)

 

 

Siehe auch:


 

Der Strafvollzug wird in zunehmendem Maße in H. durchgeführt. Seit 1951 sind 23 H., in denen mehr als 8.000 Häftlinge untergebracht sind, errichtet worden. In dem größten H. Schwarze Pumpe sind zeitweilig bis zu 1500 Häftlinge (1960 etwa 800) mit Bau- und Erdarbeiten beschäftigt worden. In den Kohlenbergwerken Oelsnitz und Zwickau, beim Kupferbergbau in Volkstedt, in den Kalischächten von Rossleben und Sollstedt, in Ziegeleien und Steinbrüchen leistet die Mehrzahl der übrigen Häftlinge bei schlechter Ernährung gering bezahlte Zwangsarbeit.

 

Bis 1957 konnten die Häftlinge durch hohe Arbeitsleistungen die Strafzeit bis auf ein Drittel verkürzen. Für sog. Kurzstrafer, d. h. Häftlinge, die eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verbüßen ist diese Vergünstigung seit dem Sommer 1958 völlig entfallen. Die anderen Gefangenen können seitdem trotz härtester Arbeit nur noch in besonders günstigen Ausnahmefällen einen wesentlichen Teil der Strafzeit „einarbeiten“, weil die mehrmals erhöhten Arbeitsnormen kaum noch zu erfüllen sind. Außerdem ist der Verrechnungsmodus wesentlich zuungunsten der Häftlinge verändert worden. Die — wenn auch geringe — Hoffnung, die Strafzeit zu verkürzen, sowie Strafen wegen Arbeitsverweigerung bei Nichterfüllung der Norm treiben [S. 158]die Häftlinge weiterhin zu äußerster Kraftanstrengung an. 75 v. H. der Arbeitsvergütung werden für Unterkunft und die meist unzureichende Verpflegung einbehalten. Der in Art. 137 der Verfassung niedergelegte Grundgedanke des Strafvollzugs, „Erziehung der Besserungsfähigen durch gemeinsame produktive Arbeit“, ist in den H. längst durch die rücksichtslose Ausbeutung der billigen Arbeitskraft der Häftlinge zugunsten der „volkseigenen Wirtschaft“ ersetzt worden.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 157–158


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.