
Nationaler Verteidigungsrat der DDR (1960)
Siehe auch:
- Nationaler Verteidigungsrat der DDR (NVR): 1985
Durch Gesetz vom 10. 2. 1960 (GBl. I, S. 891 errichtete die Volkskammer, die keinen Ausschuß für Verteidigung hatte, den NV. In dem Vorspruch wird behauptet: „Angesichts der aggressiven imperialistischen Pläne der gegenwärtig in Westdeutschland herrschenden Kreise ist es notwendig, bis zur Wiedervereinigung Deutschlands durch die Bildung eines NV. eine einheitliche Leitung der Sicherheitsmaßnahmen der DDR zu schaffen. Die Tätigkeit des NV. erfolgt im Rahmen der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer.“
Gemäß § 1 soll der NV. „den Schutz des Arbeiter-und-Bauern-Staates und der sozialistischen Errungenschaften der Werktätigen organisieren und sichern sowie die sich daraus ergebenden Maßnahmen festlegen.“ — Weitere Aufgaben können dem NV. „die Volks[S. 286]kammer oder ihr Präsidium übertragen“. Sein Vorsitzender, so bestimmt § 1, Ab. 2, „wird auf Vorschlag der Volkskammer vom Präsidenten der Republik ernannt. Die Mitglieder … werden vom Präsidenten der Republik ernannt.“ Diese Rechte sind seit 12. 9. 1960 auf den Staatsrat übergegangen. Dieser bestätigt auch „grundsätzliche Anordnungen des NV“ (so heißt es seit 12. 9. 1960 im § 106 der Verfassung). Der § 2 des Gesetzes vom 10. 2. 1960 lautet bezeichnenderweise: „Der NV. der Deutschen Demokratischen Republik trägt für seine Tätigkeit dem Präsidium der Volkskammer gegenüber die Verantwortung.“
Mit dem NV. verfügt Ulbricht, der den Vorsitz erhielt, über eine Einrichtung, die weit über den schon vorhandenen Ausschüssen der Volkskammer steht, aber doch nicht dem Ministerrat, sondern der Volkskammer untersteht und ihr verantwortlich ist, obgleich sie ein besonderes Regierungsorgan und Notstands-Gremium darstellt, wie es dies im Gefüge der Regierung bisher nicht gab. Dies fällt um so mehr auf, als ja das Präsidium der Volkskammer am 10. 2. 1960 auch noch die Wahl eines 12köpfigen „Ständigen Ausschusses für Nationale Verteidigung“ für die Dauer der Wahlperiode beschloß, der sich formell nicht von den anderen Ständigen Ausschüssen der Volkskammer unterscheidet. Ulbrichts Machtfülle dürfte damit noch zugenommen haben, vor allem im Hinblick auf Staatskrisen und Volkserhebungen. — Die Mitglieder und das Statut des bisher nur dem Namen nach bestehenden NV. sind noch nicht bestimmt worden.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 285–286
Nationaler Kompromiß | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Nationales Aufbauwerk |