DDR von A-Z, Band 1960

Statistik (1960)

 

 

Siehe auch:


 

a) Staatliche Zentralverwaltung für St.: Nach Ausführungen des Leiters der StZfSt., Heinz Rauch, ist die St. ein Teil des Staatsapparates und damit ein Instrument zur Verwirklichung des Sozialismus. In ihr haben sich alle ökonomischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozesse widerzuspiegeln. Der „Statistische Dienst“ der SBZ ist straff organisiert, die Kreis- und Bezirksstellen arbeiten nur auf Anweisung der StZfSt.

 

Die ursprünglich lockere Dreigliederung (Stat. Zentralamt — Stat. Landesamt — Stat. Kreisamt) wurde mit dem Gesetz vom 16. 2. 1950 aus den örtlichen Verwaltungen herausgelöst und die StZfSt. der Staatlichen ➝Plankommission unterstellt. Mit der „VO über die Aufgaben und Organisation der Statistik und über das Berichtswesen in der SBZ“ vom 20. 7. 1956 wurde die StZfSt. dem Ministerrat unterstellt.

 

Alle statistischen Erhebungen dürfen nur von Organen der StZfSt. angestellt werden. Jede private Erhebung bedarf einer Genehmigung, Verstöße gegen die Genehmigungspflicht werden streng bestraft.

 

Wer auf Berichtsbogen fahrlässig falsche Angaben macht oder ver[S. 401]spätet die Bogen abgibt, macht sich strafbar. Die Auswertung der Fragebogen erfolgt verschlüsselt bei der zentralen Hollerithstation der StZfSt. Da der Maschinenpark jedoch stark veraltet ist und nicht die erforderliche Kapazität besitzt, will man bis 1965 in der SBZ 32 sogenannte „Rechenzentren“ des „VEB Maschinelles Rechnen“ einrichten.

 

Als amtliches Publikationsorgan wird seit Oktober 1946 die Zeitschrift „Statistische Praxis“ herausgegeben. Die erstmals 1957 erschienenen „Vierteljahreshefte zur Statistik der DDR“ stellten mit Ablauf des Jahres 1959 wieder ihr Erscheinen ein. Erst im Jahre 1956 wurde mit Abschlußzahlen des Jahres 1955 ein. „Statistisches Jahrbuch der DDR“ herausgegeben. Es unterscheidet sich hinsichtlich seiner Gliederung wesentlich von „Jahrbüchern“ anderer Länder und von dem „Statistischen Jahrbuch der Bundesrepublik“. Im Vordergrund steht die Aufteilung der Produktion nach „Eigentumsformen“ und eine Gliederung der Wirtschaftszweige nach sozialistischem und privatem (kapitalistischem) Sektor. Ausführliche Angaben über die Privatwirtschaft werden nur in wenigen Fällen gemacht. Im Gegensatz zur neutral und unabhängig arbeitenden Statistik in der Bundesrepublik sind der statistische Dienst und das statistische Berichtswesen in der SBZ nicht nur parteigebunden und parteiabhängig organisiert, sondern auch in den Klassenkampf eingeschaltet worden.

 

b) Statistik / Methodik: Die statistische Methodik der SBZ ist weitestgehend — ebenso wie in den Ländern des Sowjetblocks — den in der SU üblichen Methoden angepaßt worden. Im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Ostblockländer soll ab 1960 eine Koordinierung in der Berichterstattung der Länder des COMECON, verbunden mit einer Gleichschaltung der statistischen Praxis, wirksam werden. Nach außen obliegt der StZfSt. die Aufgabe der Überwachung der Erfüllung der Volkswirtschaftspläne. Dazu gehört aber auch die Beschaffung von „Vergleichsmaterial“ aller Art. Auch die in der Bundesrepublik veröffentlichten Statistiken werden analysiert, nach materiellen und propagandistischen Gesichtspunkten ausgewertet und publiziert. Auf Grund unterschiedlicher „Gruppenbildungen“ werden vielfach Zahlenangaben der StZfSt. den Angaben aus der Bundesrepublik gegenübergestellt, die in der Regel, rein optisch, zugunsten der SBZ ausfallen. Solche Angaben müssen vor ihrer Verwendung sorgfältig bezüglich ihrer Basis überprüft werden.

 

Hinsichtlich der sogenannten „Bruttoproduktionswerte“ der Industrie gelten ganz andere Bewertungsfaktoren als in der Bundesrepublik. Während z. B. bis 1955 nach Meßwerten bilanziert wurde, wird nach Abschluß des ersten Fünfjahrplanes in unveränderlichen ➝Planpreisen gerechnet. Ein weiterer Mangel bei der Produktionsbewertung sind die Doppelzählungen. Die von einer Spezialschraubenfabrik hergestellte Schraube wird z. B. im Herstellerbetrieb selbst sowie bei der Montage in einem Halbfabrikat und auch beim Enderzeugnis mit bewertet. Die Erfüllungs- und Übererfüllungsziffern der sowjetzonalen St. über die Bruttoproduktion in allen Wirtschaftsbereichen besagen noch lange nicht, daß in der Planwirtschaft alles normal gelaufen ist. Entscheidend ist, daß die sogenannten „Staatsplanpositionen“ erfüllt wurden. Von der Planerfüllung dieser Produkte hängt es nämlich ab, ob für die geplanten Erzeugnisse resp. Produktionsziele eine proportionale Entwicklung im Rahmen der Gesamtwirtschaft erreicht wird. Mit der Festlegung der „Staatsplanpositionen“ bekommt der Volkswirtschaftsplan sozusagen ein festes Gerippe. Bekanntlich sind aber 1959 z. B. nur etwa 50 v. H. der Staatsplanpositionen erfüllt worden. Wenn es auch meistens sehr schwierig sein wird, erlauben am ehesten noch mengenmäßige Gegenüberstellungen einzelner Erzeugnisse einen sinnvollen Vergleich. Vor einem Vergleich von Wertangaben, die auf dem System der Planwirtschaft beruhen, muß aber auf jeden Fall gewarnt werden.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 400–401


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.