DDR von A-Z, Band 1960

Agrarpreissystem (1960)

 

 

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Die Landwirtschaft unterliegt wie die übrigen Wirtschaftszweige der autoritären staatl. Preisfestsetzung. Das seit 1945 aufgebaute System des doppelten Preisniveaus bedeutet für die landwirtschaftliche Erzeugung niedriger Erfassungspreis für die im Rahmen der Ablieferungspflicht und relativ hoher Aufkaufpreis für die über die Zwangsablieferung hinaus als Freie Spitzen verkauften Mengen. Dieses Preissystem dient dem Bestreben, auch das Letzte aus dem einzelnen Betrieb herauszuholen. Erst der durch sehr hohe „Aufkaufpreise“ (je nach Produkt das 1½- bis 2½-, vor 1956 sogar bis 5fache des „Erfasserpreises“) gegebene Anreiz lockt mehr Produkte auf den Markt, als die Ablieferung verlangt, zumal eine wirtschaftliche Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe aus den Einnahmen für die Pflichtablieferungsmengen allein bei den bestehenden hohen Ausgabenbelastungen vollkommen unmöglich ist. Das Zusammenwirken von A. und Ablieferungssystem bildete das Kernstück wirtschaftspolitischer Einflußnahme im Klassenkampf auf dem Lande, die mit der Zwangskollektivierung ihr Ziel erreicht haben dürfte. Da mit der Betriebsgröße bei Privatbetrieben die Ablieferungsnormen je Hektar progressiv ansteigend gestaffelt waren, nahm vom Kleinstbetrieb zur Großbauernwirtschaft hin die Möglichkeit, Freie Spitzen zu verkaufen und damit in den Genuß hoher Aufkaufpreise zu gelangen, ab. Das war die Ursache dafür, daß viele Mittel- und Großbauern wirtschaftlich zugrunde gingen, sofern sie es nicht vorzogen, wie die in Abhängigkeit von den MTS gehaltenen kleineren Einzelbauern, ihre Selbständigkeit mit der Kollektivarbeit in den LPG zu vertauschen oder aber der Republikflucht anheimzufallen. Für die VEG besteht seit 1955 ein gesondert von der [S. 14]übrigen Landwirtschaft festgesetztes drittes Preisniveau, das in seiner Höhe im allgemeinen zwischen den Erfassungs- und Aufkaufpreisen liegt. Es ist anzunehmen, daß mit der totalen Kollektivierung und der Veranlagung der Ablieferungspflicht als Marktproduktion auch für die Landwirtschaft ein einheitliches Preisniveau angestrebt wird. (Preispolitik, Landwirtschaft)


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 13–14


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.