DDR von A-Z, Band 1960

Erfindungs- und Vorschlagswesen (1960)

 

 

Siehe auch die Jahre 1959 1962 1963


 

Das EuV. ist in der SBZ ein sehr wichtiges Teilgebiet der Produktionspropaganda. Durch Gewährung von steuerbegünstigten Vergütungen und Prämien werden die Angehörigen Volkseigener Betriebe dazu angeregt, Vorschläge für betriebliche Verbesserungen und für Erfindungen bei den Betriebsleitungen einzureichen. Die aktiven Teilnehmer am EuV. werden Rationalisatoren oder auch — in letzter Zeit zunehmend — Neuerer genannt (Neuererbewegung). Bis Mitte 1960 wurde die Höhe der Vergütung oder Prämie für den Einreicher eines Verbesserungsvorschlags nach dem Wert eines voraussichtlichen Jahresnutzens, der sich bei Realisierung des Vorschlags ergibt, berechnet. Nach einer in Vorbereitung befindlichen „Neuererverordnung“ ist künftig eine einmalige Vergütung nach einer Tabelle vorgesehen, die eine Verminderung der an die Neuerer zu zahlenden Vergütungen bringt. Die „Neuererverordnung“ verweist im übrigen auf das „gewachsene sozialistische Bewußtsein der Arbeiter, Angestellten und Intelligenz und ihre neue sozialistische Einstellung zu ihrer Arbeit“. Das bisher in der Propaganda der SED oft betonte „Prinzip der materiellen Interessiertheit“ als Motor steigender Arbeitsleistungen wird (auch in der Lohnpolitik) abgelöst durch moralische Forderungen an die Arbeiter und Angestellten. (Sozialistische ➝Gemeinschaften, Brigaden der sozialistischen Arbeit)

 

In allen mittleren und größeren VEB, bei den VVB und bei den Räten der Bezirke, aber auch bei den zentralen Wirtschaftsverwaltungen sind „Büros für Erfindungs- und Vorschlagswesen“ (BfE), künftig Büros für die Neuererbewegung genannt (BfN), errichtet worden, die eingereichte Vorschläge prüfen und über die Verwertung und die Höhe der Vergütung entscheiden. Bei Streitigkeiten entscheidet die zuständige Fachabteilung der Staatlichen ➝Plankommission. Nach den amtlichen Berichten ist die Beteiligung am EuV. beträchtlich. Im Jahre 1958 sollen mehr als 280.000 Verbesserungsvorschläge abschließend bearbeitet worden sein; davon seien 50.000 mit einem geschätzten Jahresnutzen von 115 Mill. Mark angewandt worden.

 

Von den am EuV. beteiligten Neuerern wird ständig Klage darüber geführt, daß die BfE zu schwach besetzt seien, so daß eingereichte Vorschläge meistens viele Monate unbearbeitet liegenbleiben. Amtlich wird zugegeben, daß anerkannte Verbesserungsvorschläge vielfach nicht ausgenutzt werden, weil die für ihre Einführung erforderlichen Geldmittel fehlen oder die Kapazitäten der Vorrichtungsbau- und Werkzeugbauabteilungen in den Betrieben nicht ausreichen.

 

Verbesserungsvorschläge, die die BfE als patent- oder gebrauchsmusterreif bezeichnen, werden durch die BfE (künftig BfN) zugunsten des einreichenden Neuerers eim Patentamt angemeldet. (Patentgesetz, Ingenieurkonto, Meisterfonds)


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 106


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.