DDR von A-Z, Band 1960

FDJ (1960)

 

 

Siehe auch:


 

Abk. für Freie Deutsche Jugend. Hervorgegangen aus den am 20. 6. 1945 durch SMAD-Befehl genehmigten antifaschistischen Jugendausschüssen. Gründungsversammlungen am 7. 3. 1946. Die FDJ war anfangs überparteilich, doch waren die Schlüsselstellungen von Anfang an mit KP/SED-Mitgliedern besetzt. Schon seit Beginn des 1. FDJ-Schuljahres 1951 wird die FDJ auf den Marxismus-Leninismus gemäß der geltenden Parteilinie der SED ausgerichtet. Bei der Abkehr der SED von den schärfsten Überspitzungen des Stalinismus gab es bei besonders starr auf Stalin gedrillten Funktionären der FDJ Schwierigkeiten. Die gesamte Tätigkeit und Schulung der FDJ wird seit langem ausschließlich von der SED angeleitet und gelenkt. Die Mitgliederzahl betrug 1953 mit Jungen Pionieren über 3 Mill., Mitte 1958 hatte sie amtlich 1,74 Mill., dazu kamen 1,5 Mill. Junge Pioniere. Vorsitzender: Horst ➝Schumann (SED), oberstes Führungsorgan ist der Zentralrat der FDJ.

 

Die FDJ erfaßt die Jugendlichen über 14 Jahre und übernimmt sie von den Jungen Pionieren. Die Altersgrenze, nicht für Funktionäre, wohl aber für Mitglieder, ist im allgemeinen (seit dem Statut vom Mai 1959) das vollendete 26. Lebensjahr. — Da die SED von Anfang an dafür sorgte, daß keine anderen Jugendverbände und auch keine konfessionellen Jugendorganisationen zugelassen wurden, ist die FDJ die einzige amtlich erlaubte Organisation von Jugendlichen in der SBZ. — In der Bundesrepublik Deutschland ist die FDJ seit 26. 6. 1950 als verfassungsfeindlich verboten. Dieses Verbot bestätigte am 14. 7. 1954 das Bundesverwaltungsgericht.

 

Seit Beginn des Aufbaus der Kasernierten Volkspolizei ist die FDJ ihr wohl ergiebigstes Rekrutierungsfeld. Dies gilt noch stärker gegenüber der Nationalen Volksarmee. Auch die Gesellschaft für ➝Sport und Technik rekrutiert sich, mit mehr oder weniger verhülltem Zwang, aus der FDJ. Über die Betriebs-, Verwaltungs-, Schul- und Hochschulgruppen usw. der FDJ kontrolliert die SED die Jugend in diesen Bereichen. Für größere Schulen sind, um die Leitung zu straffen, Zentrale Schulgruppenleitungen (ZSGL) eingesetzt.

 

Noch das Statut vom Mai 1955 bezeichnete die FDJ als „eine einheitliche Massenorganisation, die auf freiwilliger Grundlage die breiten Schichten der Jugend aus Stadt und Land in ihren Reihen vereinigt“. Aber seit der 16. Tagung des Zentralrates (25. 4. 1957) gilt [S. 116]die Losung: „Die FDJ ist die sozialistische Jugendorganisation der DDR.“

 

Demgemäß heißt es im Statut vom 15. 5. 1959 (I, Abs. 1): „Die FDJ ist die sozialistische Massenorganisation der Jugend in der DDR. Sie vereint in ihren Reihen auf freiwilliger Grundlage die Arbeiter- und Landjugend, die junge Intelligenz, die Schüler und Studenten und die Jugend des Mittelstandes.“ Sie „läßt sich … von den richtungweisenden Beschlüssen und Ratschlägen der SED leiten, weil ihre Politik, auf den Lehren von Marx, Engels und Lenin beruhend, den Lebensinteressen der Nation und der Jugend entspricht.“ Die FDJ, so heißt es (I, Abs. 7) klar, „läßt sich leiten vom wissenschaftlichen Sozialismus und erzieht die junge Generation auf dieser Grundlage“. Der § 5, d sagt: „Jedes Mitglied der FDJ hat die Pflicht, … sich mit der wissenschaftlichen Lehre der Arbeiterklasse, dem Marxismus-Leninismus, vertraut zu machen.“ Damit vertritt die FDJ grundsätzlich den Atheismus, der alle kirchlichen und religiösen Anschauungen bekämpft. Damit wird § 1, Abs. 27 des Statuts unglaubwürdig, in dem die FDJ behauptet: „Sie betrachtet alle Jugendlichen, auch die, die religiös gebunden sind, als ihre Freunde und Kameraden …“

 

Um den Patriotismus der ganzen deutschen Jugend auf das Sowjetzonen-Regime festzulegen, behauptet das Statut: „Die deutsche Jugend hat in der DDR ihr wahres Vaterland.“ Auch verlangt § 1, Abs. 11 Einsatz für die Bewaffneten Organe, für die Militärpolitik der SBZ: „Die Mitglieder der FDJ betrachten es als ihre Ehre und Pflicht …, sich vormilitärische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen. Der Dienst in den bewaffneten Organen der DDR ist für jedes Mitglied der FDJ eine Ehrenpflicht.“

 

Um die FDJ für den Siebenjahrplan möglichst scharf anzuspannen, beschloß das VI. Parlament (Mai 1959) ein genau durchgegliedertes „Programm der jungen Generation für den Sieg des Sozialismus“. Darin wird u. a. Mitarbeit gefordert an der Bewegung des Kompaß, den Kontrollposten, den Brigaden der sozialistischen Arbeit, den sozialistischen ➝Gemeinschaften.

 

Die FDJ besitzt eine eigene Tageszeitung, die „Junge Welt“, ferner die Halbmonatsschrift „Junge Generation“. Seit Beginn der offenen Remilitarisierung dienen beide Organe in starkem Maße der vormilitärischen Erziehung, ebenso der FDJ-Dienst selbst. Die FDJ wurde in der Bundesrepublik am 24. 6. 1951 verboten,

 

Literaturangaben

  • Friedrich, Gerd: Die Freie Deutsche Jugend, Stoßtrupp des Kommunismus in Deutschland (Rote Weißbücher 1). Köln 1951, Kiepenheuer und Witsch. 182 S.
  • Friedrich, Gerd: Die Freie Deutsche Jugend — Auftrag und Entwicklung (Rote Weißbücher 11). 2., erw. u. veränd. Aufl., Köln 1953, Kiepenheuer und Witsch. 203 S.
  • Herz, Hanns-Peter: Freie Deutsche Jugend. München 1956, Juventa-Verlag. 128 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 115–116


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.