DDR von A-Z, Band 1960

Militärstrafrecht (1960)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Bis zum 31. 1. 1958 wurden Volkspolizisten oder Angehörige der Nationalen Volksarmee wegen aller strafbaren Handlungen einschließlich der rein militärischen Delikte durch die Militärstaatsanwaltschaft nach den allgemeinen strafrechtlichen Bestimmungen angeklagt, wobei oft der Art. 6 der Verfassung (Boykotthetze) herangezogen wurde. Mit Inkrafttreten des Strafrechtsergänzungsgesetzes am 1. 2. 1958 hat die SBZ ein materielles M. erhalten. Der dritte Teil dieses Gesetzes stellt „Verbrechen gegen die militärische Disziplin“ unter Strafe. Als Tatbestände wurden geschaffen: Fahnenflucht (Gefängnis bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen Zuchthaus bis zu 15 Jahren), unerlaubte Entfernung von mehr als 48 Stunden (Gefängnis bis zu sechs Monaten; bei Entfernung von mehr als sechs Tagen Gefängnis bis zu zwei Jahren), Befehlsverweigerung (Gefängnis bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen Zuchthaus bis zu 15 Jahren), Angriff auf Vorgesetzte (Gefängnis bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen Zuchthaus bis zu 15 Jahren), Mißbrauch der Dienstbefugnisse (Gefängnis bis zu fünf Jahren), Verletzung des Dienstgeheimnisses (Gefängnis bis zu fünf Jahren). Für die Befehlsverweigerung gilt eine Ausnahme: „Wer einen Befehl nicht befolgt, dessen Ausführung gegen die Strafgesetze oder gegen das Völkerrecht verstoßen oder die im Arbeiter-und-Bauern-Staat geltende Achtung des Menschen verletzen würde, bleibt straffrei.“ Eine besondere Verfahrensordnung für die Verhandlung gegen die Angehörigen der bewaffneten Kräfte gibt es nicht. „Die Strafverfahren wegen dieser Delikte werden vor den ordentlichen Gerichten unter Mitwirkung der Schöffen durchgeführt. Eine besondere ‚Militärgerichtsbarkeit‘ existiert in der DDR nicht“ (Schille in „Neue Justiz“ 1958, S. 153 ff.).


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 274


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.