DDR von A-Z, Band 1960

Produktions- und Dienstleistungsabgabe (PDA) (1960)

 

 

Siehe auch:


 

Als Nachahmung der „differenzierten Umsatzsteuer“ der SU im Rahmen des „Zwei-Kanäle-Systems“ in der SBZ erstmalig in einigen Zweigen der „volkseigenen“ Genußmittelindustrie mit Wirkung vom 1. 1. 1954 zunächst versuchsweise und durch „VO über die Produktionsabgabe und Dienstleistungsabgabe der volkseigenen Dienstleistungsbetriebe (PDAVO)“ vom 6. 1. 1955 (GBl. 1955 S. 37 ff.) in der gesamten „volkseigenen“ Wirtschaft eingeführt.

 

In der Präambel zu dieser Verordnung wird zum Ausdruck gebracht, daß das bisherige Abgabesystem nicht die „einfache, schnelle und konstante Abführung der staatlichen Einnahmen an den Staatshaushalt“ gewährleistete und nicht zur Festigung des „Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung“ beigetragen hatte. Die Produktionsabgabe als Bestandteil des Industrieabgabepreises eines Produktes wird in der „volkseigenen“ Industrie grundsätzlich für ein Produkt nur einmal erhoben. Ist durch Bearbeitung oder Verarbeitung eines erworbenen Produktes ein neues Produkt mit anderen Eigenschaften entstanden, dann wird diese erneut berechnet. Zahlungspflichtige der Produktionsabgabe sind die Betriebe der „volkseigenen“ Industrie. Die Zahlungspflicht ist an den Umsatz von Produkten gebunden; die Zahlungspflicht entsteht im Zeitpunkt des Umsatzes des Produktes. Die Produktionsabgabe wird erhoben

 

a) in einem Vomhundertsatz des Industrieabgabepreises oder des sonstigen gesetzlich festgelegten Abgabepreises oder

 

b) in einem festen Betrag vom Industrieabgabepreis je Mengeneinheit des Produktes oder

 

c) in Form des Unterschiedsbetrages zwischen den Selbstkosten zu[S. 324]züglich Gewinnanteil und dem Industrieabgabepreis.

 

Die Form der Erhebung der Produktionsabgabe wird vom Ministerium der Finanzen bestimmt.

 

Die Sätze der Produktionsabgabe können differenziert werden

 

a) nach einzelnen Produkten oder Produktengruppen.

 

b) nach der Zweckbestimmung der Produkte,

 

c) nach betrieblichen Merkmalen.

 

Wenn vom Ministerium der Finanzen die Zuständigkeit nicht anderweitig geregelt wurde, ist für die Ermittlung, Festsetzung, Erhebung, Kontrolle und Vollstreckung der Produktionsabgabe der Rat der Stadt oder des Kreises — Abt. Finanzen — zuständig, in dessen Bereich sich der Sitz der Leitung des zur Zahlung der Produktionsabgabe verpflichteten Betriebes befindet. Für die Kontrolle der Produktionsabgabe wird weiterhin der Rat des Bezirkes — Abt. Finanzen — eingeschaltet.

 

Zur Zahlung der Dienstleistungsabgabe sind die „volkseigenen Dienstleistungsbetriebe“ und die Betriebe der „volkseigenen“ Industrie, soweit sie Dienstleistungen ausführen, verpflichtet.

 

Mit der Einführung der PDA entfällt die Erhebung der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Beförderungsteuer und der Verbrauchsabgaben.

 

Das „Zwei-Kanäle-System“ besagt, daß die sogenannte „Geldakkumulation“ der „volkseigenen“ Wirtschaft künftig durch die PDA und durch die Nettogewinnabführung dem Staatshaushalt zugeleitet wird. Durch diese „Zweigleisigkeit“ hat der Staat die Möglichkeit einer besseren Kontrolle erhalten.

 

Er kann

 

1. durch die Erfüllung des Produktionsabgabeplanes gleichzeitig die Erfüllung der Produktions- und Absatzpläne (nach Umfang und Sortiment der Ware) und

 

2. durch die Gewinnabführung die Qualität der Arbeit der Betriebe und deren Auswirkung auf die Erfüllung der Selbstkostensenkungsauflage und des Gewinnplanes kontrollieren. (Kontrollfunktion und Erziehungsfunktion der PDA.) Neben der reinen Kontrollfunktion hat die Produktionsabgabe die Aufgaben, produktionslenkend und konsumtionsregulierend zu wirken. (Regulativfunktion der PDA.)

 

Durch die Kurzfristigkeit und Stetigkeit der Abführungen soll die Haushaltsstabilität gesichert werden, d. h., der Staat soll eine gleichmäßig und schnell fließende Quelle an Geldmitteln laufend zur Verfügung haben. (Steuern) Die Entwicklung vom Mehrsteuersystem zum Zwei-Kanäle-System, die mit der Einführung der Handelsabgabe als abgeschlossen betrachtet werden kann, hat die rein „operative Abgabenkontrolle“ (Kontroll- und Prüfungsmethode zur Sicherung des Aufkommens der Abgaben) schlagkräftiger gestaltet, wobei eine Koordinierung der wert- mit der mengenmäßigen Kontrolle erreicht werden soll.

 

Literaturangaben

  • Frenkel, Erdmann: Steuerpolitik und Steuerrecht in der sowjetischen Besatzungszone. 3., erw. Aufl. (BB) 1953. 124 S. m. 11 Anlagen.
  • Kitsche, Adalbert: Die öffentlichen Finanzen im Wirtschaftssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. (BMG) 1954. 68 S. m. 1 Anlage.
  • Kitsche, Adalbert: Das Steuersystem in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Gelsenkirchen 1960, Buersche Druckerei Dr. Neufang. 187 S. m. zahlr. Tab.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 323–324


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.