Buchhandel (1960)
Siehe auch die Jahre 1954 1956 1958 1959 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979 1985
Jede staatlich gelenkte Buchproduktion (Verlagswesen) hat die Neigung, auf dem Wege zum Verbraucher den Sortiments-B. zu umgehen. So werden in der SBZ die Schulbücher des staatlichen Monopolverlages vorwiegend direkt an die Schulen geliefert; der Zeitschriftenvertrieb erfolgt nahezu ausschließlich durch die Post; in Betrieben und auf den Dörfern gibt es Buchverkaufsstellen, die kaum noch als „Auchbuchhandlungen“ gelten können, und mit HO- und Konsumverkaufsstellen (Konsumgenossenschaften) werden „Agenturverträge für den Literaturvertrieb“ geschlossen. Zur Steuerung des B. bedient das Regime sich einer Einrichtung, die den gesamten Verkehr zwischen Verlag und Sortiment nahezu monopolistisch verwaltet, des Leipziger Kommissions- und Großbuchhandels (LKG). Der LKG besorgt die Alleinauslieferung von 5 staatlichen oder staatlich verwalteten, 51 „volkseigenen“ (Volkseigentum), 4 „organisationseigenen“ und 8 privaten Verlagen, hält aber auch die Produktion der übrigen 6 „volkseigenen“, 3 „organisationseigenen“ und 35 (meist kleineren und kleinsten) privaten Verlage bereit, die „als alten Zopf“ noch eigene Auslieferung betreiben. Der LKG beliefert annähernd 3.000 Buchhandlungen und „Buchverkaufsstellen“ sowie 269 Leihbüchereien. Auf Grund eines Vorankündigungsdienstes, der dem sowjetzonalen „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel“ beiliegt, bestellen die Buchhandlungen beim LKG; über ihn rechnen sie mit den Verlagen ab. Da die vom Publikum gewünschten, leicht absetzbaren Titel meist in unzureichenden Auflagen erscheinen, die von der SED geförderte Literatur dagegen schwerer verkäuflich ist und die Produktionsplanung außerdem zu gewissen Terminen beträchtliche Stauungen im Kommissions- und Einzelhandel mit sich bringt, wird das Bestellverfahren allmählich durch ein Zuteilungsverfahren verdrängt. Der LKG dient auch als Instrument zur Verstaatlichung der B. 385 „Volksbuchhandlungen“ mit 266 Nebenstellen und 300 Betriebe des staatlichen und genossenschaftlichen Handels werden von ihm bevorzugt beliefert; mit 160 privaten Buchhandlungen hat er Kommissionsverträge abgeschlossen, die die Verstaatlichung vorbereiten. Von den 744 Buchhandlungen, die noch als Privateigentum gelten, sind viele in ähnlicher Weise vertraglich an eine „Volksbuchhandlung“ gebunden. Die Existenzbasis des selbständigen B. schrumpft von Jahr zu Jahr, und er wird in ideologischer Hinsicht von Partei und Staat scharf kontrolliert. — Der Börsenverein der deutschen Buchhändler besteht als gleichgeschalteter Berufsverband fort und veröffentlicht im „volkseigenen“ Verlag für Buch- und Bibliothekswesen das sowjetzonale „Börsenblatt“; im gleichen Verlage erscheint auch die von der Deutschen Bücherei in Leipzig bearbeitete „Nationalbibliographie“. (Kulturpolitik, Bibliotheken, Literatur)
Literaturangaben
- Taubert, Sigfred: Buchproduktion und Verlagswesen der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands im Jahre 1955. (BMG) 1956. 34 S. m. 17 Tab.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 78
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