DDR von A-Z, Band 1960

Forschung, Wissenschaftl.-technische (1960)

 

 

Siehe auch:

  • Forschung, Wissenschaftlich-technische: 1959
  • Forschung, Wissenschaftl.-technische: 1962 1963 1965 1966

 

Bisher standen in der SBZ die auf die unmittelbare praktische Verwertung gerichteten Forschungsaufgaben im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Forschung. Seit Mitte 1958 wird die Notwendigkeit langfristiger Grundlagenforschung amtlich betont, aber es scheint weitgehend bei entsprechenden Erklärungen geblieben zu sein. Nur einmal (1958) wurde offiziell von der Absicht gesprochen, einen „Zehnjahrplan der Forschung“ auszuarbeiten; ein solcher Plan wurde bisher jedoch nicht vorgelegt. Hingegen wird immer erneut erklärt, daß die theoretische Forschung engstens mit der Auswertung der Ergebnisse und der Wirtschaftspraxis verknüpft werden müsse. Bereits jetzt arbeiten zahlreiche Forschungsinstitute unmittelbar mit Industriebetrieben zusammen, zum Teil sind sie sogar räumlich mit ihnen verbunden. Zentrale Leitungsinstanz ist der Deutsche ➝Forschungsrat, dem als ausführendes Organ das Zentrale Amt für Forschung und Technik angegliedert ist. Die mittleren wirtschaftlichen Verwaltungsorgane (VVB, Räte der Bezirke und Kreise) sind verpflichtet, durch die Abteilungen Forschung und Technik in den ihnen unterstellten Betrieben die WtF. intensiv zu betreiben.

 

Einige Betriebe wurden neu gegründet, in denen sowohl die wissenschaftliche Forschung betrieben wird, als auch die Ergebnisse unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden, indem dort neue industrielle Erzeugnisse bis zur vollständigen Produktionsreife entwickelt werden. Sogar die Technologie der Produktion wird dabei festgelegt. Zwischen Professoren und Dozenten von Hochschulen und Universitäten einerseits und staatlichen Stellen und der Industrie andererseits hat sich ein System der „Vertragsforschung“ eingebürgert, das ebenfalls auf unmittelbare Verwertung der Forschungsergebnisse abgestellt ist.

 

Über den Umfang der vom SED-Regime für Forschung aufgewandten Mittel enthält das Statist. Jahrbuch der SBZ von 1959 folgende Angaben: Im Staatshaushalt 1959 waren eingesetzt für „Akademien“ 125,5 Mill. DM Ost, für „Wissenschaftliche Institute und Forschung“ 971,6 Mill. DM Ost, zusammen also rd. 1097 Mill. DM Ost, das waren 2,3 v. H. des Staatshaushaltes.

 

Die WtF. der SBZ verfolgt nach Äußerungen von SED-Funktionären eindeutig das Ziel, den Weltstand der Produktion zu erreichen und mitzubestimmen. (Qualität der Erzeugnisse). Zur Erreichung dieses Zieles — nicht zuletzt auch zur Einsparung eigener Finanzmittel — betreibt das Regime einen umfangreichen Informationsdienst in westlichen Ländern. Es wertet sämtliche internationalen Veröffentlichun[S. 127]gen über die neuesten Ergebnisse von Wissenschaft, Forschung und Technik aus und verfolgt genauestens die Veröffentlichungen aller Patentämter der Welt. Allein das Institut für Dokumentation der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften unterhält 140 verschiedene Dokumentations- und Informationsstellen. Weitere etwa 50 gleichartige Stellen gibt es bei den VVB und in Großbetrieben. Das Ost-Berliner „Deutsche Wirtschaftsinstitut“ z. B. beschäftigt sich weitestgehend mit der Beschaffung westlicher Literatur und anderer Informationen auf dem Gebiete der Wissenschaft, Forschung und Technik.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 126–127


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.