Wohnungsbau (1960)
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Der W. ist in der SBZ seit Kriegsende zugunsten der Errichtung von Industrie-, Verwaltungs- und militärischen Bauten vernachlässigt worden, obwohl erhebliche Kriegsschäden an Wohnungen entstanden waren. Während in der Bundesrepublik der W. in den vergangenen Jahren mehr als 40 v. H. der gesamten wertmäßigen Bauproduktion ausmachte, wurden in der SBZ vom SED-Regime nur zwischen 20 und 25 v. H. der verfügbaren Baukapazitäten für den W. freigegeben. Zwischen Kriegsende und 1956 wurden in der SBZ durch Instandsetzung teilzerstörter Wohngebäude etwa 300.000 Wohnungen wieder wohnbar gemacht, höchstens 70.000 Wohnungen sind neu gebaut worden. In diesem Zeitraum hatte die Bundesrepublik einen Reinzugang von rund 3,5 Mill. Wohnungen, d. h., auf die unterschiedliche Bevölkerungszahl umgerechnet, eine fast vierfach größere Wohnungsbautätigkeit als die SBZ. Erst ab 1957 stieg die Wohnungsbautätigkeit in der SBZ etwas stärker an, erreichte jedoch niemals den vergleichweisen Stand in der Bundesrepublik.
[S. 463]
Zu diesen Zahlen ist zu bemerken, daß die Wohnfläche je neu erstellter Wohneinheit in der Bundesrepublik in allen Jahren größer war als in der SBZ, z. B. 1959 BRD = 68 am, SBZ = 58 qm. Auch hinsichtlich der Qualität, des Komforts usw. befindet sich der W. in der SBZ im Rückstand.
Im Durchschnitt der Jahre 1955 bis 1958 wurden in der Bundesrepublik jährlich rund 106, in der SBZ nur knapp 31 Wohnungen je 10.000 Einwohner erstellt.
Das SED-Regime verkündet neuerdings, es wolle sich nunmehr intensiv dem W. zuwenden, obwohl die unverminderte Mangelsituation bei Baustoffen, Baumaschinen und Baufacharbeitern allgemein bekannt ist. Nach den vorliegenden Planzahlen des Siebenjahrplanes wird jedoch der Anteil des W. an der gesamten Bauproduktion auch bis 1965 nur rund 20 v. H. betragen, also noch weniger als in den vergangenen Jahren. Selbst wenn die Planziele erreicht werden, würde damit der vorhandene Wohnungsbedarf nach den Berechnungen westlicher Experten nur etwa zur Hälfte abgedeckt.
Seit Anfang 1958 sind die „örtlichen Staatsorgane“ für den W. allein zuständig. Aus dem Staatshaushalt werden für den W. weniger Mittel bereitgestellt. Die Finanzierung soll überwiegend durch „Obligationen“ erfolgen, die von der Bevölkerung zu erwerben sind. Rückzahlung ist frühestens nach 19 Jahren möglich, der Zinssatz beträgt 4 v. H. Der Erwerb von Obligationen durch die Bevölkerung ist trotz intensiver Propaganda in den Betrieben recht gering. Im Jahre 1958 übernahm die Bevölkerung nur 8 v. H. der aufgelegten Obligationen, überwiegend werden diese durch die Sparkassen, die Deutsche Versicherungsanstalt und z. T. durch die VdgB übernommen. Weitere Finanzquellen für den W. sind die Lottoeinnahmen (Lotto), Leistungen der Bevölkerung im Nationalen Aufbauwerk und „Einsparungen der örtlichen Volksvertretungen“, wobei gänzlich unklar ist, was unter letzterem zu verstehen ist.
Literaturangaben
- Plönies, Bartho: Planen und Bauen in der sowjetischen Besatzungszone und im Sowjetsektor von Berlin. 2., erw. Aufl. (BB) 1953. 134 S. m. 16 Anlagen.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1960: S. 462–463
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