
Forschung, Wissenschaftl.-technische (1962)
Siehe auch:
- Forschung, Wissenschaftlich-technische: 1959
Bisher standen die auf die unmittelbare praktische Verwertung gerichteten Forschungsaufgaben im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Forschung. Seit Mitte 1958 wird zwar die Notwendigkeit langfristiger Grundlagenforschung amtlich betont, aber es scheint weitgehend bei solchen Erklärungen geblieben zu sein. Nur einmal (1958) wurde offiziell von der Absicht gesprochen, einen „Zehnjahrplan der Forschung“ auszuarbeiten; ein solcher Plan wurde bisher jedoch nicht vorgelegt. Hingegen wird immer erneut erklärt, daß die theoretische Forschung engstens mit der Auswertung der Ergebnisse und der Wirtschaftspraxis verknüpft werden müsse, bereits jetzt arbeiten zahlreiche Forschungsinstitute unmittelbar mit Industriebetrieben zusammen, zum Teil sind sie sogar räumlich mit ihnen verbunden. Zentrale Leitungsinstanz ist seit Mitte 1961 das Staatssekretariat für Forschung und Technik beim Ministerrat, dem der bereits seit 1957 bestehende Forschungsrat als ausführendes Organ unterstellt ist. Hilfsorgan des Forschungsrats ist das Zentrale Amt für Forschung und Technik. Die mittleren wirtschaftlichen Verwaltungsorgane (VVB, Räte der Bezirke und Kreise) sind verpflichtet, durch ihre Abteilungen Forschung und Technik in den ihnen unterstellten Betrieben die WtF. intensiv zu unterstützen.
Einige Betriebe wurden neu gegründet, in denen sowohl die wissenschaftliche Forschung betrieben wird, als auch die Ergebnisse unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden, indem dort neue industrielle Erzeugnisse bis zur vollständigen Produktionsreife entwickelt werden. Sogar die Technologie der Produktion wird dabei festgelegt. Zwischen Professoren und Dozenten von Hochschulen und Universitäten einerseits und staatlichen Stellen und der Industrie andererseits hat sich ein System der „Vertragsforschung“ eingebürgert, das ebenfalls auf unmittelbare Verwertung der Forschungsergebnisse abgestellt ist.
Die WtF. verfolgt nach Äußerungen von SED-Funktionären das Ziel, „den Weltstand der Produktion zu erreichen und mitzubestimmen“. (Qualität der Erzeugnisse). Zur Erreichung dieses Zieles — nicht zuletzt auch zur Einsparung eigener Finanzmittel — betreibt das Regime einen umfangreichen Informationsdienst in westlichen Ländern. Es wertet sämtliche internationalen Veröffentlichungen über die neuesten Ergebnisse von Wissenschaft, Forschung und Technik aus und verfolgt genauestens die Veröffentlichungen aller Patentämter der Welt. Allein das Institut für Dokumentation der Deutschen ➝Akademie der Wissenschaften unterhält 160 verschiedene Dokumentations- und Informationsstellen, in denen 4.600 ausländische Fachzeitschriften aus 43 Ländern ausgewertet werden. Weitere etwa 50 gleichartige Stellen gibt es bei den VVB und in Großbetrieben. Das Ost-Berliner „Deutsche Wirtschaftsinstitut“ z. B. beschäftigt sich weitestgehend mit der Beschaffung westlicher Literatur und anderer Informationen auf dem Gebiete der Wissenschaft, Forschung und Technik.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Siebente, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1962: S. 136
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