
Haftarbeitslager (HAL) (1962)
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Die Mehrzahl der Häftlinge, auch der politischen Gefangenen, ist in die Produktion der volkseigenen Wirtschaft eingegliedert. Soweit diese Häftlinge nicht in Volkseigenen Betrieben arbeiten, die in den Strafvollzugsanstalten Zweigbetriebe unterhalten, müssen sie in den zur Zeit bestehenden 25 H. schwerste körperliche Arbeit verrichten (Strafvollzug).
Einige dieser H. wurden für die Dauer großer Bauvorhaben errichtet, z. B. das H. Schwarze Pumpe und das H. Klotzsche, das nach Fertigstellung der neuen Rollbahnen des Flugplatzes wieder aufgelöst wurde. Ständige H. bestehen für die im Bergbau eingesetzten Häftlinge in den Steinkohlenrevieren Oelsnitz und Zwickau, in den Kalibergwerken Rossleben und Sollstedt sowie im Kupferbergwerk Volkstedt. In den Stahlwerken Stalinstadt und Unterwellenborn arbeiten die Häftlinge aus den gleichnamigen H. 5 große Ziegeleien werden hauptsächlich von Häftlingen betrieben. Im 1960 neugegr. Zweigbetrieb des VEB Geraer Kammgarnspinnerei arbeiten ausschließlich Häftlinge des H. Gera-Liebschwitz.
Bis 1957 konnten die Häftlinge durch hohe Arbeitsleistungen die Strafzeit bis auf ein Drittel verkürzen. Für sog. Kurzstrafer, d. h. Häftlinge, die eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verbüßen, ist diese Vergünstigung seit dem Sommer 1958 völlig entfallen. Die [S. 170]anderen Gefangenen können seitdem trotz härtester Arbeit nur noch in besonders günstigen Ausnahmefällen einen wesentlichen Teil der Strafzeit „einarbeiten“, weil die mehrmals erhöhten Arbeitsnormen kaum noch zu erfüllen sind. Außerdem ist der Verrechnungsmodus wesentlich zuungunsten der Häftlinge verändert worden. Die — wenn auch geringe — Hoffnung, die Strafzeit zu verkürzen, sowie Strafen wegen Arbeitsverweigerung bei Nichterfüllung der Norm treiben die Häftlinge weiterhin zu äußerster Kraftanstrengung an. 75 v. H. der Arbeitsvergütung werden für Unterkunft und die meist unzureichende Verpflegung einbehalten. Der in Art. 137 der Verfassung niedergelegte Grundgedanke des Strafvollzugs, „Erziehung der Besserungsfähigen durch gemeinsame produktive Arbeit“, ist in den H. längst durch die Ausbeutung der billigen Arbeitskraft der Häftlinge zugunsten der „volkseigenen Wirtschaft“ ersetzt worden.
In den H. wird die gegen „arbeitsscheue Personen“ ausgesprochene Arbeitserziehung vollstreckt.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Siebente, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1962: S. 169–170