DDR von A-Z, Band 1962

Nationale Front (1962)

 

 

Siehe auch:


 

Gegr. am 7. 10. 1949, hervorgegangen aus dem Volkskongreß. Die NF. soll als „breiteste Massenbewegung“ auch die Teile der Bevölkerung politisch beeinflussen und aktivieren, die sich allen anderen Organisationen entziehen konnten. Ohne individuelle Mitgliedschaft baut sie ihre Organisation auf den Haus- und Hofgemeinschaften auf und verfügt auf allen Ebenen des Systems über sog. Ausschüsse und Aktivs. Oberstes Organ ist nach dem Statut der Nationalrat. Präsident des Nationalrats: Prof. Erich ➝Correns. Der weitaus wichtigere hauptamtliche Apparat der NF. besteht überwiegend aus SED-Funktionären; Vors. des Büros des Präsidiums des Nationalrats: Horst ➝Brasch (SED).

 

Das Programm der NF. ist die allgemeinste Formulierung der SED-Politik und ist — als „genereller Volkswille“ verstanden — für alle anderen Parteien und die Massenorganisationen bindend. Zu seiner Verbreitung veranstaltet die NF. regelmäßige „Aufklärungseinsätze“ und unterhält eine Anzahl von Aufklärungslokalen (Agitation). Die NF. nimmt zunehmend die früheren Aufgaben des „Demokratischen Blocks“ (Blockpolitik) wahr; in ihrem Namen werden z. B. die Einheitslisten zu den jeweiligen Wahlen aufgestellt und die Kandidaten für die Richter- und Schöffenwahlen benannt (Rechtswesen). Nach offiziellen Angaben waren im März 1957 von den rd. 231.000 Mitgl. der etwa 16.000 Ausschüsse 35 v. H. SED-Mitgl., 25 v. H. Mitgl. der übrigen Parteien, 40 v. H. Parteilose.

 

Die ursprüngliche gesamtdeutsche Zielsetzung der NF., „Sammlung aller aufrechten Deutschen zum Kampf um die Einheit Deutschlands und für den Abschluß eines Friedensvertrages“, ist zugunsten innerpolitischer Aufgaben seit 1955 mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Seit 1958 ist die NF. allerdings wieder verstärkt in die Infiltrationstätigkeit nach und in Westdeutschland und West-Berlin eingespannt. Sie arbeitet dabei streng nach den Weisungen des Politbüros und des ZK der SED. Leiter der Infiltrationstätigkeit innerhalb der NF. ist seit April 1959 Dr. Gerhard Dengler (SED), stellv. Vors. des Büros des Präsidiums der NF. (Infiltration, Gesamtdeutsche Arbeit)

 

Für „Verdienste um den Kampf für ein einheitliches, friedliebendes Deutschland“ wird vom Präs. d. Nationalrates d. NF. die „Ernst-Moritz-Arndt-Medaille“ verliehen (Auszeichnungen).

 

Literaturangaben

  • Friedrich, Gerd, und Heinrich von Zur Mühlen: Die Pankower Sowjetrepublik und der deutsche Westen (Rote Weißbücher 10). Köln 1953, Kiepenheuer und Witsch. 153 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Siebente, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1962: S. 302


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.