DDR von A-Z, Band 1962

Filmwesen (1962)

 

 

Siehe auch:


 

[S. 128]Nach dem Worte Stalins: „Der Film ist das gewaltigste Mittel zur Einwirkung auf die Massen. Wir müssen ihn in die Hand bekommen“, wird das F. auch in der SBZ als ein Hauptinstrument der Bewußtseinsbildung, der Agitation und Propaganda betrachtet und behandelt. Partei und Regime sicherten sich daher frühzeitig entscheidenden Einfluß und bauten ihn entsprechend der Entwicklung von der antifaschistisch-demokratischen Ordnung zum Aufbau des Sozialismus aus.

 

Seit Okt. 1958 liegt die gesamte Steuerung des F. bei der VVB Film, die dem Ministerium für Kultur untersteht. Zu den von der VVB Film gelenkten Betrieben und Instituten gehören nicht nur die fünf Studios der DEFA, die das Filmherstellungsmonopol innehat, einige weitere „volkseigene“ technische Betriebe, der VEB Progress Film-Vertrieb, der VEB DEFA-Außenhandel (beide ebenfalls als Monopole arbeitend), sondern auch das Staatliche Filmarchiv, die Deutsche Hochschule für Filmkunst und die Schulen für filmtechnische Berufe und Vorführer. — Die DEFA produzierte 1959 insgesamt 28 Spielfilme (darunter 6 Kinderfilme), 30 Dokumentar-, 39 populärwissenschaftliche und 13 Trickfilme, ferner 105 Wochenschauen und 26 Folgen „Stacheltier“. — Einschließlich der DEFA-Filme wurden 1958 in den Filmtheatern der SBZ 115 Spielfilme gezeigt; ein erheblicher Teil wurde also importiert.

 

1959 gab es 1.389 Filmtheater mit 539.111 Sitzplätzen; fast alle Theater sind entschädigungslos enteignet worden; die „volkseigenen“ (Volkseigentum) sind zum kleineren Teil im VEB Filmtheater, zum weitaus größeren in den „Volkseigenen Kreislichtspielbetrieben“ zusammengefaßt. — Mit Nachdruck wird das Landfilmwesen ausgebaut; 1957 sollen über 10.000 „Spielstellen“ mindestens einmal wöchentlich gespielt haben. Im ganzen fanden 1959 in der SBZ 2.562.254 Vorstellungen mit rd. 258 Mill. Besuchern statt.

 

Der Kinobesuch verlagert sich im übrigen im Sinne der Bestrebungen der Betriebskultur von den Lichtspieltheatern teilweise in die betrieblichen ➝Kulturstätten. Die Frequenz wie auch die Auswertung „fortschrittlicher“ Filme soll durch die Filmaktivs (Aktiv) unterstützt werden.

 

Die Lage der monopolisierten und staatlich gegängelten Filmproduktion zwischen den ideologischen Anforderungen auf der einen Seite und dem Auftrag, das Publikum zu unterhalten und die Theater zu füllen, auf der anderen ist ausweglos und ein Anlaß zu immer wiederkehrenden Krisen und Auseinandersetzungen. Im Jahre 1958 riefen besonders die Ausstrahlungen des Neorealismus die SED auf den Plan; eine von ihr einberufene Filmkonferenz (Juli 1958), von Alexander ➝Abusch als „Kampfkonferenz für die Höherentwicklung unserer sozialistischen Filmkunst“ bezeichnet, forderte im Anschluß an Empfehlungen der Kulturkommission beim ZK die Rückkehr zur „schöpferischen Methode des sozialistischen Realismus“. Das Unterhaltungsbedürfnis des Publikums und die Rentabilität der Theater sind nach wie vor auf die Einfuhr westlicher Filme angewiesen; die Produktion der Ostblockstaaten belegt natürlich einen beträchtlichen Teil des Spielplanes, der der Verfügung der einzelnen Filmtheater im übrigen völlig entzogen ist.

 

Als wichtigstes Mittel kommun. Agitation und Propaganda werden neben der Wochenschau „Der Augenzeuge“ und satirischen Kurzfilmen unter dem Sammelnamen „Das Stacheltier“ auch populärwissenschaftliche und Dokumentarfilme eingesetzt. Ein besonders obskures, von Fälschungen strotzendes Machwerk, „Unternehmen Teutonenschwert“, erhielt auf Filmfestspielen in Karlsbad den ersten Hauptpreis.

 

Obschon nicht wenige Filme sowjetzonaler Produktion zum Vertrieb in der Bundesrepublik zugelassen werden, hat das Publikum nur selten Gelegenheit, solche zu sehen, da die zugelassenen Spielfilme westdeutschen Ansprüchen häufig nicht genügen. Dem angestrebten Export in die Länder des Westens stehen ebenfalls tendenziöse Einschläge selbst bei scheinbar unverfänglichen Themen entgegen. — Zeitschrift: „Deutsche Filmkunst“.

 

Literaturangaben

  • Kersten, Heinz: Das Filmwesen in der sowjetischen Besatzungszone. 2., erw. Aufl. (BB) 1954. 160 S. m. 2 Anlagen.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Siebente, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1962: S. 128


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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