
Sport und Technik, Gesellschaft für (GST) (1962)
Siehe auch:
Organisation zur vormilitärischen Ausbildung von Jugendlichen und jüngeren Einwohnern beiderlei Geschlechts. Gegründet durch Regierungsverordnung vom 7. 8. 1952 als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Beitritt vom 14. Lebensjahr, formell freiwillig. Unterstand bis 1. 3. 1956 dem Innen-, nun dem Verteidigungsministerium, das auch die hauptamtlichen Funktionäre besoldet. 1. Sekretär: Richard ➝Staimer.
Die GST soll ihren Mitgl. „militärische Grundkenntnisse auf den Gebieten des Segel- und Motorflugsportes, des Flugmodell- und Fallschirmsportes sowie des Motor- und Seesportes, des Schieß- und Geländesportes und des Amateurfunkens als Massensport vermitteln“. Sie soll „die Regierung der DDR bei der Organisierung der bewaffneten Verteidigung der Heimat und des sozialistischen Aufbaus unterstützen“. So hieß es im 1. Statut der GTS vom Aug. 1952. Da motorsportliche Möglichkeiten lockten und auf offene Bindung an die SED verzichtet wurde, hatte die GST bis Ende 1952 starken Zulauf. Die Einführung einer Pflichtausbildung in Schießen und Geländedienst und einer Art Politschulung drosselte den Zulauf und brachte Austritte. Dennoch veranlaßte die SED das 2. Statut vom Nov. 1954, das den militärähnlichen Charakter verstärkte und sie „der Führung der Arbeiterklasse und ihres Vortrupps, der SED“ unterstellte. Das 3. Statut vom Sept. 1956, [S. 414]das seit 21. 2. 1957 in Kraft war, brachte nichts grundlegend Neues. Doch ordnete es, aus taktischer Zurückhaltung, die GST nicht mehr ausdrücklich der SED, sondern dem „Arbeiter-und-Bauernstaat — der DDR“ unter. Zugleich wurden die „Erziehung … zum guten Patrioten“ und „enge Zusammenarbeit mit der Nationalen Volksarmee“ verlangt, so wie vorher mit der KVP.
Das 4. Statut, das der II. Kongreß der GST am 25. 6. 1960 beschloß und der Ministerrat am 28. 7. bestätigte, verzichtete auf taktische Mäßigung. Es heißt in § 3: „Die GST erfüllt ihre Aufgabe unter Führung der SED und läßt sich in ihrer Tätigkeit von … dem Marxismus-Leninismus leiten“ (GBl. 1960, Nr. 45, S. 445). Weit entschiedener als das 3. Statut bestimmt es in § 4e, die GST habe „allen Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich auf den Ehrendienst in der Nationalen Volksarmee und anderen bewaffneten Organen vorzubereiten“.
Seit Sommer 1955 wird die GST auch an Normalkaliberwaffen ausgebildet. Im Interesse der Luftwaffe werden Segelflieger und Fallschirmspringen stark betrieben, die Nachrichtentechnik soll allen Waffengattungen zugute kommen. Die Geländekunde und der Felddienst werden oft als Touristik umschrieben. Die Erziehung zum Patriotismus und zum Kommunismus wird in der GST je offener gefordert, je mehr sie ein Werbeplatz der KVP, seit 1956 der Nationalen Volksarmee geworden ist. Die vormilitärische Ausbildung erfolgt oft durch Angehörige der Volkspolizei und zunehmend durch Funktionäre der GST, die schon Reservisten der Volksarmee oder Polizeitruppen sind. Seit 1955 darf die GST, obwohl ihre Funktionäre meist älter sind, nur 14- bis 24jährige ausbilden. Ausbildung der älteren Männer ist Kampfgruppen vorbehalten. Einheiten der GST wirken meist an den großen Kampfübungen der Kampfgruppen mit. Jede Hoch- und Fachschule hat eine Grundeinheit der GST, wenn auch die Nationale Volksarmee die anschließende Ausbildung vornimmt (militärische ➝Studentenausbildung). Die GST zählte im Herbst 1961 etwa 600.000 nominelle Mitgl., davon wohl etwa 180.000 aktiv. — Sie ist nicht nur vormilitärische Erziehungsorganisation, sondern in ihrem aktiven Kern eine militärähnliche Miliz. (Militärpolitik)
Literaturangaben
- Kopp, Fritz: Chronik der Wiederbewaffnung in Deutschland, Rüstung der Sowjetzone — Abwehr des Westens (Daten über Polizei und Bewaffnung 1945 bis 1958). Köln 1958, Markus-Verlag. 160 S.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Siebente, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1962: S. 413–414