DDR von A-Z, Band 1963

Jugendliteratur (1963)

 

 

Siehe auch:


 

Das sogen. Jugendförderungsgesetz von 1950 (Jugend) bestimmte in § 33, daß „zur besseren Versorgung der Kinder mit Literatur“ ein selbständiger Verlag für Kinderliteratur gegründet und daß an allen Bibliotheken Kinderbuchabteilungen eingerichtet werden sollten (Bibliothekswesen). In der Tat gibt es z. Z. sechs ausgesprochene Kinder- und Jugendbuchverlage, von denen die beiden größten (Kinderbuch-Verlag und „Neues Leben“) „volkseigene“ Betriebe sind, während die übrigen (mindestens dem Anschein nach) noch in privater Hand [S. 226]sind (Verlagswesen). Daneben produzieren J. im Nebenzweig noch 10 meist „volkseigene“ und 2 kirchliche Verlage.

 

Der Umfang der Produktion läßt sich aus den Statistiken nicht einwandfrei herauslesen; nach sowjetzonalen Angaben sollen 1955 insgesamt 17,4 Mill. Jugendschriften hergestellt worden sein. Die Auflagen werden unter dem Gesichtspunkt der „gesellschaftspolitischen“ Bedeutung der Titel manipuliert, bei Büchern „neutralen“ Inhalts sind sie daher meist zu niedrig. Die Buchpreise sind relativ niedrig, obschon der Fülle des Angebots billiger Buchreihen in der BRD nichts Gleichwertiges gegenübersteht. Der Verlag „Neues Leben“ gründete 1959 eine Jugendbuchgemeinschaft, deren Programm aber ganz auf den „Sieg des Sozialismus“ ausgerichtet ist und daher nicht den Anklang findet, den das stark angefachte Bildungsstreben und Lesebedürfnis der Jugend in der SBZ erwarten lassen sollten. In der J. für das erste Lesealter gibt es auf Grund der Leipziger Tradition, aber auch dank der Aufnahme von Übersetzungen vor allem aus dem Tschechischen und Polnischen beachtliche illustrative und typographische Leistungen. Die ideologische Ausrichtung tritt in der J. für die 10- bis 16jährigen thematisch immer mehr hervor, und der Übergang zu platter Agitationsliteratur geschieht stufenlos; selbst in den Lesebüchern für Schulanfänger finden sich bereits Spuren von Agitprop.

 

Das Problem der Schmutzliteratur, in der Demokratie schwer lösbar, existiert für die SBZ kaum; dagegen trägt das Regime, auf Grund der zentralen Steuerung der Buchproduktion, die Verantwortung für die in großen Auflagen (und zum Teil von „Staatsverlagen“) produzierten, inhaltlich und formal minderwertigen, meist zudem nicht einmal jugendgemäßen Heftreihen, die in ihrer verderblichen Wirkung den Erzeugnissen westdeutscher Schundverlage nicht nachstehen.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 225–226


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.