DDR von A-Z, Band 1963

Selbstverwaltung (1963)

 

 

Siehe auch die Jahre 1962 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Nach den im Herbst 1946 durchgeführten Gemeinde-, Landtags- und Kreistags[S. 428]wahlen traten in den Ländern der SBZ Verfassungen, Kreis- und Gemeindeordnungen in Kraft, in denen das Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände auf S. ausdrücklich bestätigt wird.

 

An dieser Rechtslage wurde in der Verfassung der „DDR“ nichts geändert (Art. 139, 142). Inzwischen waren aber ohne eine ausdrückliche Änderung der gesetzlichen Grundlagen bereits Maßnahmen zur Einschränkung des Rechtes der S. getroffen worden. Die VO über „Kommunalwirtschaftliche Unternehmen“ vom 24. 11. 1948 und die Energiewirtschaftsverordnung vom 22. 6. 1949 (ZVOBl. S. 472) entzogen den Gemeinden bereits weitgehend die wirtschaftlichen Grundlagen. Immerhin konnte bis zum Gesetz über die „Reform des öffentlichen Haushaltswesens“ vom 15. 12. 1950 (Staatshaushalt) noch von einer formalen S. gesprochen werden. Mit diesem Gesetz wurde der einheitliche Staatshaushalt der „DDR“ eingeführt. Nachdem auch die für die gemeindliche Finanzwirtschaft ausschlaggebende Gewerbesteuer und Lohnsummensteuer durch § 13 des Gesetzes über den Staatshaushaltsplan 1951 vom 13. 4. 1951 (GBl. S. 283) auf die Republik übertragen worden waren, stand fest, daß die Gemeinden ihre Selbstverwaltungsaufgaben nicht mehr erfüllen konnten.

 

Diese Entwicklung wurde durch die Verwaltungsneugliederung im Sommer 1952 weitergetrieben. Durch die „Ordnungen für den Aufbau und die Arbeitsweise der staatlichen Organe der Bezirke und Kreise“ vom 24. 7. 1952 (GBl. S. 621 und 623) sowie durch die „Ordnung über den Aufbau und die Aufgaben der Stadtverordnetenversammlungen und ihrer Organe in den Stadtkreisen“ vom 6. 1. 1953 (GBl. S. 53) wurden die Landesverfassungen und die Kreisordnungen praktisch außer Kraft gesetzt. Nach diesen Ordnungen waren die bisherigen Organe der Gebietskörperschaften nur noch Organe der Staatsgewalt in den betreffenden Gebieten. Träger von Rechten war nicht mehr die Verbandseinheit, sondern das jeweilige staatliche Verwaltungsorgan in diesem Gebiet, der örtliche Rat, dem als Haushaltsorgan die Eigenschaft einer juristischen Person zugesprochen wurde. Durch das „Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht“ vom 17. 1. 1957 (GBl. S. 65) wurden die bis dahin noch gültigen Gemeindeordnungen aufgehoben. Nach § 5 beruht der Aufbau der Organe der Staatsmacht auf dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Die Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer, die Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates sowie die Beschlüsse des Ministerrates und der höheren Volksvertretungen sind für die unteren Volksvertretungen und ihre Organe verbindlich. Die örtlichen Räte sind außerdem an die Weisungen des jeweils höheren Rates gebunden. Eingefügt in ein einheitliches System von über- und Unterordnungen der Volksvertretungen und einer Weisungsbefugnis des Ministerrates und der jeweils höheren Verwaltungsorgane haben die unteren Organe lediglich die Möglichkeit, die örtlichen Gegebenheiten in gewisser Weise bei der Ausführung der erhaltenen Weisungen zu berücksichtigen. Die in den am 28. 6. 1961 vom Staatsrat beschlossenen „Ordnungen über die Aufgaben und die Arbeitsweise der örtlichen Volksvertretungen und ihrer Organe“ (Gemeinde, Kreis) den örtlichen Volksvertretungen und ihren Organen übertragenen Aufgaben dürfen nur im Rahmen der von oben gegebenen Weisungen durchgeführt werden. Jede auf diesen Gebieten getroffene Entscheidung kann durch die Verfügung höherer Dienststellen aufgehoben werden. Auch mit den neuen Arbeitsordnungen wird also nicht wieder ein rechtlich geschützter eigener Wirkungskreis der Gemeinden und Gemeindeverbände festgelegt. Gegenüber den örtlichen Verwaltungsdienststellen wird die einheitliche Ausrichtung auch durch den ersten Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates gewährleistet und überwacht. Hierzu steht das „Sekretariat des Ministerrates“ zur Verfügung, dem die Kontrollgruppen des früheren „Staatssekretariats für die Anleitung der örtlichen Räte“ im Juli 1960 eingegliedert wurden.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 427–428


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.