
Vertragsgericht, Staatliches (1963)
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Das durch VO vom 6. 12. 1951 (GBl. S. 1143) geschaffene V. hat im April 1952 seine Tätigkeit aufgenommen. Aufbau und Verfahren sind endgültig aber erst durch die V.-Ordnung und die V.-Verfahrensordnung vom 22. 1. 1959 (GBl. I, S. 83 u. S. 86) geregelt worden. Diese Bestimmungen sollen durch eine noch 1962 fertigzustellende VO über die Aufgaben und die Tätigkeit des V. ersetzt werden. Das V. ist kein Gericht, sondern ein zentrales Organ der staatlichen Verwaltung, das dem Ministerrat unmittelbar unterstellt ist. Die Dienstaufsicht übt der Ministerpräsident aus, der die Nachprüfung jeder Entscheidung des V. verlangen kann. Es gliedert sich in das Zentrale V., die V. in den Bezirken und in Groß-Berlin sowie die Vertragsschiedsstellen. Vors. [S. 501]des Zentralen V. ist Dr. Osmar Spitzner.
Das V. entscheidet über Streitigkeiten zwischen Sozialistischen Betrieben aus wechselseitigen Beziehungen im Rahmen des allgemeinen Vertragssystems (Vertragsgesetz). Seine Funktion besteht darin, „Differenzen und Widersprüche in der Organisierung der zwischenbetrieblichen Kooperation der Betriebe der sozialistischen Volkswirtschaft auf der Grundlage der staatlichen Planungsmaßnahmen zu lösen. Das bedeutet, daß das Staatliche Vertragsgericht seinem Wesen nach wirtschaftsleitende Funktionen in dem großen Bereich der Volkswirtschaft verwirklicht, der vom Vertragssystem erfaßt wird“ (Spitzner, Neue Justiz, 1962, S. 243).
Das V. kann auch ohne Antrag eines Vertragspartners ein Verfahren einleiten, wenn es dies zur „Herbeiführung eines den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden vertragsmäßigen Zustandes“ für notwendig hält. Stellt das V. wiederholte oder grobe Verstöße gegen die Vertragsdisziplin fest, ann es Geldbußen bis zu 50.000 D-Mark verhängen. Außerdem sind die zuständigen zentralen Organe der staatlichen Verwaltung zu unterrichten.
Das Zentrale V. entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen der Bezirksvertragsgerichte. Es kann jedes Verfahren, für das ein Bezirksvertragsgericht oder eine Vertragsschiedstelle zuständig ist, an sich ziehen oder an ein anderes Bezirksvertragsgericht oder eine andere Schiedsstelle übertragen. In allen Verfahren ist der Vors. des Zentralen V. zur Entscheidung berechtigt. Er kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung jede Entscheidung der V. abändern, bestätigen oder die Zustimmung zu einer Einigung der Parteien widerrufen.
Die Verfahren vor den V. haben von 26.882 im Jahre 1958 auf 41.935 im Jahre 1961 zugenommen. Nach einer Anordnung vom 5. 3. 1958 (GBl. I, S. 178) können sich die Partner vor den V. durch einen Rechtsanwalt, der Mitgl. eines Anwaltskollegiums und vom Vors. des Zentralen V. zugelassen ist, vertreten lassen. Bisher haben nur einige Mitgl. des Anwaltskollegiums diese Zulassung erhalten (Rechtsanwaltschaft).
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 500–501
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