DDR von A-Z, Band 1963

FDGB (1963)

 

 

Siehe auch:


 

Abk. für Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, eine pseudogewerkschaftliche Einheits-Organisation, die sich in voller Abhängigkeit von der SED und vom Regime als dem weitaus wichtigsten Arbeitgeber befindet und so außerstande ist, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten. Schon in der Satzung vom 3. 9. 1950 kam dies klar zum Ausdruck. In der auf dem 4. Bundeskongreß am 18. 6. 1955 beschlossenen neuen Satzung heißt es in der Präambel: „Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund ist die Klassenorganisation der in der DDR herrschenden Arbeiterklasse, die in festem Bündnis mit den werktätigen Bauern steht, und bekennt sich zur Politik der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der Partei der deutschen Arbeiterklasse.“

 

Nach § 4 des Gesetzbuches der Arbeit fördern die Gewerkschaften „den Kampf um den wissenschaftlich-technischen Höchststand, die Aneignung allseitiger Kenntnisse und eine hohe sozialistische Arbeitsmoral und Arbeitsdisziplin zur raschen Steigerung der Arbeitsproduktivität. Sie mobilisieren die ganze Arbeiterklasse und die Intelligenz zur allseitigen Erfüllung der Wirtschaftspläne mit dem Ziele der ständigen Verbesserung ihres materiellen und kulturellen Lebensniveaus.“ Damit ist der FDGB der wichtigste Gehilfe des staatlichen Arbeitgebers. Beim Juni-Aufstand 1953 stellte sich die FDGB-Führung gegen die frei[S. 138]heitlichen Arbeiter. (Streik)

 

Höchstes Organ des FDGB ist der Kongreß, der mindestens einmal in 4 Jahren einberufen werden soll und der den Bundesvorstand wählt. Der Bundesvorstand wählt den Vors. (zur Zeit Warnke) und die Sekretäre, die zusammen das Präsidium bilden. In den Bezirken bestehen Bezirksvorstände, in den Kreisen und größeren Gemeinden Kreis- und Ortsausschüsse. Der FDGB umfaßt nach Umgliederungen im Jahr 1958 und 1961 folgende Gewerkschaften: die Industriegewerkschaft (IG) Bau und Holz, Chemie, Eisenbahn, Energie - Post- und Fernmeldewesen — Transport, Druck und Papier, Metall, Textil — Bekleidung — Leder, Wismut sowie die Gewerkschaften Staatliche Verwaltungen, Gesundheitswesen, Handel, Nahrung — Genuß, Land- und Forstwirtschaft, Unterricht und Erziehung, Wissenschaft. Die IG örtliche Wirtschaft ist aufgelöst.

 

Jede Gewerkschaft hat eine Zentraldelegiertenkonferenz, einen Zentralvorstand und ein Sekretariat, bestehend aus dem Vors., seinem Stellv. und den Sekretären. Territorial sind die Organe der Gewerkschaften in Bezirks-, Gebiets- bzw. Kreis- und Ortsvorstände gegliedert. Als „Fundamente“ der Gewerkschaften werden in der Satzung die gewerkschaftlichen Organisationen bezeichnet. Diese sind a) die Betriebsorganisationen (betriebliche ➝Gewerkschaftsleitungen), b) die Ortsgewerkschaftsorganisationen und c) die Dorfgewerkschaftsorganisationen. Es gilt der Grundsatz: ein Betrieb — eine Gewerkschaft. Die kleinste Einheit einer Gewerkschaft ist die Gewerkschaftsgruppe, die vom Vertrauensmann geleitet wird. Die Wahlen zu den Organen des FDGB stehen völlig unter dem Einfluß der SED, da kein Kandidat gegen deren Willen aufgestellt werden kann. Am 1. 1. 1956 wurde der FDGB Träger der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen). Am 15. 2. 1958 übernahm der FDGB ferner die staatliche Kontrolle über den betrieblichen Arbeitsschutz. Der FDGB ist Mitglied des WGB. Tageszeitung ist die „Tribüne“, Zeitschriften sind „Die Arbeit“ und „Die Sozialversicherung“.

 

Die Bundesschule des FDGB in Bernau wird seit 1952 als Hochschule bezeichnet und seit 1956 „Hochschule der Deutschen Gewerkschaften Fritz Heckert“ genannt. Sie veranstaltet Dreijahreslehrgänge für Gewerkschaftsfunktionäre, deren Teilnehmer mit dem Staatsexamen als Diplomwirtschaftler abschließen. Auf ihr werden seit 1960 auch afro-asiatische Gewerkschaftsfunktionäre im Sinne des „proletarischen Internationalismus“ (Kosmopolitismus) geschult. Der FDGB verleiht die Fritz-Heckert-Medaille als Auszeichnung für hervorragende gewerkschaftliche Tätigkeit (im Sinne des Kommunismus (Arbeitspolitik)

 

Literaturangaben

  • *: Der FDGB. (FB) 1959. 19 S.
  • Haas, Gerhard: Der FDGB 1954. (BMG) 1954. 48 S. m. 1 Plan.
  • Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der sowjetischen Besatzungszone. 5., erw. Aufl. (BB) 1959. Teil I (Text) 264 S., Teil II (Anlagen) 162 S.
  • Mampel, Siegfried, und Karl Hauck: Sozialpolitik in Mitteldeutschland (Sozialpolitik in Deutschland, H. 48, hrsg. v. Bundesmin. f. Arbeit …). Stuttgart usw. 1961, Kohlhammer. 87 S.
  • Mampel, Siegfried: Das Gesetzbuch der Arbeit der Sowjetzone und das Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland — ein Vergleich. 5. Aufl. (hrsg. v. Bundesmin. für Arbeit …). Bonn 1962. 64 S.
  • Mampel, Siegfried: Beiträge zum Arbeitsrecht der sowjetischen Besatzungszone (BMG) 1963. 135 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 137–138


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.