DDR von A-Z, Band 1963

Forstwirtschaft (1963)

 

 

Siehe auch:


 

Nach Angaben des Statist. Jahrbuches 1961 der SBZ umfaßt die gesamte Waldfläche 2.956.607 ha. Auf volkseigene Güter entfallen 13.684 ha; volkseigene Betriebe 1.865.129 ha (StFB); 852.998 ha in LPG eingebrachter Wald. 205.253 ha wurden 1961 noch in Privateigentum bewirtschaftet. 19.543 ha stehen in Bewirtschaftung der Kirchen und deren Einrichtungen. 1950 bis 1961 einschl. wurden auf 850.964 ha Neu- und Wiederaufforstungen einschl. Nachbesserungen durchgeführt. Der Derbholzeinschlag betrug 1946 bis einschl. 1961 181.641.100 Erntefestmeter (Efm.), etwa 10,7 Mill. jährlich und damit das mindestens Zweifache des durchschn. jährlichen Zuwachses. Seit 1957 wird versucht, Einschlag und Zuwachs in Einklang zu bringen. Bis zum Ende des Siebenjahrplanes 1965 soll der Einschlag auf 6,2 Mill. Efm. gesenkt werden. Die ab 1945 mehr als zehn Jahre betriebene Übernutzung hat den Vorrat der über 80jährigen Bestände am stärksten betroffen. Die in Kriegs- und Nachkriegszeiten entstandenen Großkahlflächen sind aufgeforstet. Dabei sind überwiegend wieder Mono-Kulturen von Kiefer und Fichte entstanden. Das Bemühen, einen holzartenreichen, standortgemäßen Mischwald aufzubauen, ist an der Forderung der Wirtschaft nach vorrangiger Lieferung der von ihr benötigten Holzsortimente (Einschlagumlage), am Mangel eines reichhaltigen Sortiments von Laub- und Nadelholzpflanzen und Mängeln bei der Ausführung der Kulturen bisher gescheitert. Zur Schließung der Lücke in der Rohholzversorgung soll der verstärkte Anbau schnell wachsender Holzarten, insbesondere Pappel, beitragen. Sie wird vorzugsweise zur Rekultivierung von Kippen und Halden in den Braunkohle-Bergbaugebieten und in der freien Flur außerhalb des Waldes angebaut. Außerdem wird der Holzimport von Jahr zu Jahr gesteigert. Er betrug 1961 2,7 Mill. fm. o. R., während 260.000 fm. o. R. exportiert wurden. Im Import sind neben Schnittholz und Schwellen vor allem Furnierplatten und Faserholz (in Rohholz fm. umgerechnet) enthalten. Von 1947 bis 1960 wurden 347.391 t Rinde und 132.366 t Harz gewonnen.

 

Die alte Forstorganisation wurde 1945 beseitigt, um die F. dem Wirtschaftssystem anzupassen. Mit der AO vom 29. 10. 1945 wurden die Bezirksforstämter als Mittelinstanz beseitigt, in der Ortsinstanz am 1. 4. 1946 Einheitsforstämter gebildet, die am 1. 4. 1949 durch Kreisforstämter abgelöst wurden. Die Aufgaben der damals fortgefallenen Mittelinstanzen wurden bis zur Verwaltungsneugliederung (1952) von den Landesforstämtern wahrgenommen.

 

Die zentrale Stelle der Forstwirtschaft ist heute die Abt. Forsten im Ministerium für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft. Sie ist an die Beschlüsse des ZK der SED, Referat F., sowie an die Pläne und Vorschläge der Hauptverwaltung der staatlichen Plankommission gebunden. Mit Wirkung vom 1. 1. 1952 wurden durch VO vom 14. 2. 1952 Staatliche Forstwirtschaftsbetriebe (StFB) zur Bewirtschaftung des Volkswaldes eingerichtet. Die StFB sind der Unterabt. F. der Abt. Landwirtschaft bei den Räten der Bezirke unterstellt.

 

Für die Wirtschaftsführung in den StFB ist verbindlich ein auf der Basis des Volkswirtschaftsplanes aufgestellter Betriebsplan. Die StFB sind verpflichtet, im Rahmen des Betriebs- und Finanzplanes nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichen Rechnungsführung in eigener Verantwortung selbständig zu planen, zu wirt[S. 153]schaften und abzurechnen (Rechnungswesen). Das Statut für die StFB vom 10. 12. 1954 wurde am 11. 2. 1959 durch ein „Rahmenstatut“ ersetzt, das den Betriebsleitern u. a. aufträgt, die Durchführung des sozialistischen Aufbaus auf dem Lande zu gewährleisten. In der Hand der StFB liegen seitdem neben der Bewirtschaftung des Volkswaldes die Betreuung des LPG-Waldes und die Anleitung und Kontrolle der privaten Waldbesitzer sowie der juristischen Personen, die noch Waldflächen besitzen. Bei der Abt. Landwirtschaft der Räte der Kreise sind Beauftragte für Forst- und Jagdwesen eingesetzt. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Einbeziehung des restlichen Privatwaldes in die LPG und Kontrolle der Planerfüllung des Holzeinschlags, der Walderneuerung und Waldpflege in LPG und Privatwald sowie der Abschußplanerfüllung in Zusammenarbeit mit den StFB (Jagd).

 

Das Staatliche Holzkontor in Berlin ist das zentrale Lenkungsorgan, Absatz- und Versorgungsorgan für Rohholz, Rinden, Harze, Möbel, Kulturwaren und sonstige Holzerzeugnisse. Ihm obliegt u.a. die Organisierung des planmäßigen Holzabsatzes der StFB sowie der Versorgung der Bedarfsträger durch Herstellung günstigster Lieferbeziehungen auf der Grundlage entsprechender Liefer- und Bezugspläne einschl. des überbezirklichen Ausgleichs. Es hat auf die StFB einzuwirken, die Lieferung des Rohholzes nach den Holzeinschlagplänen sortiments-, bedarfs- und termingerecht vorzunehmen. Es arbeitet mit den Holzkontoren der Bezirke, die den Wirtschaftsräten bei den Bezirksräten unterstehen. Daneben besteht bei der Staatlichen Plankommission eine Holzinspektion mit der speziellen Aufgabe, die Durchführung des Siebenjahrplanes auf dem Gebiete der Forst- und Holzwirtschaft mit Hilfe der bei den Wirtschaftsräten der Bezirke eingesetzten Beauftragten zu überwachen.

 

Zur Zeit bestehen 95 StFB mit einer Durchschnittsgröße von etwa 20.000 ha Volkswald in Eigenbewirtschaftung und zusätzlich durchschnittlich 10.000 ha Betreuungswaldfläche (LPG und Privatwald). Die verwaltungsmäßige innere Gliederung ist nach Sachgebieten ausgerichtet. Oberförstereien und Revierförstereien sind die örtlichen Vollzugsorgane der Betriebsleitung. Die Revierförster für LPG und Privatwald werden von den StFB angestellt und besoldet. Die Betriebe erheben Verwaltungsgebühren von den Eigentümern.

 

Die rechtliche Stellung, Aufgaben und Arbeitsweise der StFB sind im Rahmenstatut festgelegt. Die StFB sind juristische Personen und Rechtsträger von „Volkseigentum“, d. h. aller „volkseigenen“ forstwirtschaftlich genutzten Vermögenswerte. „Volkseigentum“ wurde der Besitz des ehemaligen Deutschen Reiches und der Länder und der durch Enteignungen während der Bodenreform in den Bodenfonds gefallene, nicht an Neubauern und landarme Bauern aufgeteilte Wald von gemischten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mit über 100 ha Größe, von reinen forstwirtschaftlichen Betrieben mit über 100 ha Größe und derjenige von „Kriegsverbrechern und Nazi-Aktivisten“ jeglicher Flächengröße. In ihre Rechtsträgerschaft wurden außerdem übernommen sämtliche Gemeindewaldungen, Forstflächen der Bergbaubetriebe, „volkseigener“ Wasserwirtschaftsbetriebe, waldbesitzender Industriebetriebe und der Wald volkseigener Güter usw. Ausgenommen aus der Rechtsträgerschaft sind — obwohl zum „Volkseigentum“ erklärt, aber nur in verwaltungsmäßige Zuständigkeit der StFB gegeben — die Waldungen des ehemaligen Deutschen Reiches und die preußischen Staatswaldungen, die auch nur in geringem Ausmaß zur Aufteilung herangezogen wurden. Im Walde gelegene Truppenübungsplätze und militärische Einrichtungen der Roten Armee und der Nationalen Volksarmee sind dem Ministerium des Innern unterstellt, das über eine eigene Forstorganisation verfügt.

 

Das Betriebsleitungskollektiv übt die plan- und verwaltungsrechtlichen Verfügungsrechte aus, nur bei Planverzögerung oder Planwidrigkeit darf das Ministerium eingreifen; es darf jedoch die persönliche Verantwortlichkeit dem Betriebsleiter nicht abnehmen. Als Vorstufe für die Eingliederung des Bauernwaldes in die LPG wurden auf freiwilliger Grundlage seit dem Jahre 1953 Waldgemeinschaften gebildet als örtliche Organisationen der VdgB mit Vorstand und Mitgliedern. Sie haben ihre Aufgabe nicht erfüllt und wurden 1959 mit der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgelöst, um die Einbringung des noch individuell bewirtschafteten Waldes in die LPG zu erreichen. Trotzdem vollzieht sich die Bildung von LPG-Wald zögernd. Die Waldeinbringung kann von der Mitgliederversammlung auch bei Aufnahme in die LPG Typ I verlangt werden; bei LPG Typ II u. III muß nach Statut der Wald mit Beitrittserklärung eingebracht werden. In den LPG Typ I werden gegenwärtig 191.745 ha Wald, in den LPG Typ III 456.000 ha genossenschaftlich bewirtschaftet, während 205.253 ha Wald, der in [S. 154]die LPG Typ I eingebracht ist, noch persönlich bewirtschaftet werden. Das Eigentumsrecht der LPG-Mitglieder an ihrer früheren Waldfläche bleibt formell bestehen. Der Waldbestand selbst geht jedoch in genossenschaftliches Eigentum über. Er wird nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen bewertet. Der festgesetzte Wert wird unter Abzug des von der Mitgliederversammlung beschlossenen Inventarbeitrages als sog. „zusätzlicher Inventarbeitrag“ erklärt und in einem Tilgungsraum, der etwa 20 Jahre beträgt, an den einbringenden LPG-Genossen ausgezahlt. Der Wald dient der Eigenbedarfsdeckung der LPG und ihrer Genossen sowie der wirtschaftlichen Stärkung der LPG. Er erhält außerdem eine Holzeinschlagumlage.

 

An der Fakultät für Forstwirtschaft Tharandt der Technischen Universität Dresden werden in neunsemestrigem Studium die Diplom-Forstingenieure ausgebildet. In Eberswalde und Tharandt bestehen außerdem die Institute für Forstwissenschaften der Deutschen ➝Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (DAL). Sie pflegt insbesondere in ihrer Sektion Forstwesen die Verbindung zwischen Forstwissenschaft und forstlicher. Praxis und ist beratendes Organ der Abt. Forstwirtschaft des Ministeriums für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft. Die Forstwissenschaftler der SBZ genießen internationales Ansehen in Ost und West.

 

Der forsttechnische Nachwuchs erhält in dreijährigen Internatsaufenthalten seine Ausbildung an den Forstfachschulen Schwarzburg und Rabensteinfeld. Aus den Abschlußprüfungen gehen die Forstingenieure hervor. Die Qualifizierung kann auch im Fernstudium von 6-jähriger Dauer erworben werden. Lehrkurse kürzerer Dauer finden an der früheren Forstfachschule Ballenstedt statt.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 152–154


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.