DDR von A-Z, Band 1963

Hetze (1963)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1965 1966 1969 1975 1979


 

Als „staatsgefährdende Propaganda und H.“ politischer Straftatbestand im Strafrechtsergänzungsgesetz vom 11. 12. 1957 (§ 19). Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, in schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren wird bestraft, „wer den Faschismus oder Militarismus verherrlicht oder propagiert oder gegen andere Völker oder Rassen hetzt, oder wer gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht hetzt, gegen ihre Organe, gegen gesellschaftliche Organisationen oder gegen einen Bürger wegen seiner staatlichen oder gesellschaftlichen Tätigkeit oder seiner Zugehörigkeit zu einer staatlichen Einrichtung oder gesellschaftlichen Organisation hetzt, Tätlichkeiten begeht oder sie mit Gewalttätigkeiten bedroht“. Das entscheidende Merkmal „hetzt“ ist bewußt allgemein gehalten und läßt eine gleich weite Auslegung wie der Begriff Boykotthetze zu. „Bei der Beurteilung, ob eine Äußerung Hetze im Sinne des § 19 StEG ist, kann nicht allein von ihrem Wortlaut ausgegangen werden. Entscheidend sind vielmehr die äußeren und inneren Umstände, die zu ihrer Bekanntgabe führten und Aufschluß darüber geben, ob damit andere Bürger gegen die Deutsche Demokratische Republik aufgewiegelt werden sollten“ (OG in: „Neue Justiz“ 1958, S. 717). Nach dem Beschluß des Staatsrates „über die weitere Entwicklung der Rechtspflege“ vom 30. 1. 1961 (GBL I, S. 3) ist die Abgrenzung zwischen H., Staatsverleumdung und strafloser Nörgelei in der Person des Angeklagten zu finden. Der Tatbestand der H. ist zu bejahen, wenn es sich bei dem Täter um einen „Feind der sozialistischen Staatsmacht und Gesellschaftsordnung“ handelt, während H. in aller Regel nicht anzunehmen ist, wenn der Täter nur ein „irregeleiteter“ oder „im Bewußtsein zurückgebliebener“ Mensch ist. „Die Hetzer haben eine feindliche Grundhaltung, die sich in der Tat objektiviert“ („Neue Justiz“ 1962, S. 506). Kritik zu den Absperrungsmaßnahmen des 13. 8. 1959 wurde in einer großen Anzahl von Prozessen als H. mit sehr harten Strafen geahndet.

 

Literaturangaben

  • Unrecht als System, Bd. III — Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet 1954 bis 1958. (BMG) 1958. 284 S.
  • Unrecht als System, Bd. IV … 1958 bis 1961 (BMG) 1962. 291 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 199


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.