DDR von A-Z, Band 1963

Patriotismus (1963)

 

 

Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1965 1966 1969 1975 1979 1985


 

Obwohl der Marxismus das Nationale als klassenbedingten Atavismus verwirft, operiert die SED seit den Vorbereitungen zur Installation der „DDR“ mit Appellen an das Nationalbewußtsein, für die sie ideologische Stützen bei Stalin, vor allem aus der Zeit des „großen vaterländischen Krieges“ fand. Der Pj. bezeichnet diesen neuen Nationalismus als P. Sein Wesen wurde u. a. von Fred ➝Oelßner 1951 in seiner (1955 wieder aufgelegten) Schrift „Die heutige Bedeutung der nationalen Frage (S. 31 ff.) bestimmt. Er betonte, die SED könne „deutschen Patriotismus nur auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus entwickeln“. Man müsse an die geschichtlichen Leistungen und „an das ganze fortschrittliche kulturelle Erbe unseres deutschen Volkes anknüpfen“, zugleich aber müßten wir „besonders die Kulturgüter des fortschrittlichsten Volkes der Welt, des Sowjetvolkes, in uns aufnehmen, um ein neues deutsches Nationalgefühl auf wahrhaft ethischer Grundlage zu entwickeln“. Neuerdings wird der P. nicht mehr auf Land und Volk oder auf das Kulturelle Erbe, sondern auf die „DDR“ als „Staat“ bezogen: „Als Sozialisten sind wir natürlich deutsche Patrioten, und daher wollen wir ja auch, daß ganz Deutschland einmal das [S. 358]wahre Vaterland aller Deutschen und auch der ganzen deutschen Jugend sein kann …, auch für die westdeutsche Jugend ist die DDR das wahre Vaterland. Die Loyalität der ganzen deutschen Jugend kann nur der DDR gehören. Denn die DDR steht auch nicht im Gegensatz zu den Interessen der westdeutschen Jugend, sondern ist im Gegenteil der stärkste Vorkämpfer zur Erfüllung aller ihrer berechtigten, sozialen und kulturellen Wünsche“ (Gerhart ➝Eisler am 4. 6. 1958 in der „Jungen Welt“). (Nationale Geschichtsbetrachtung)

 

Literaturangaben

  • Bohn, Helmut: Die patriotische Karte in der sowjetischen Deutschland-Politik. (Aus: „Ostprobleme“ 1955, H. 38, 40, 42) Bad Godesberg. 32 S.
  • Kopp, Fritz: Die Wendung zur „nationalen“ Geschichtsbetrachtung in der Sowjetzone. 2., erw. Aufl., München 1962, Günter Olzog. 120 S.
  • Rauch, Georg von: Das Geschichtsbild der Sowjetzone (aus
  • Säuberlich, Erwin: Vom Humanismus zum demokratischen Patriotismus. — Schule und Jugenderziehung in der sowjetischen Besatzungszone (Rote Weißbücher 13). Köln 1954, Kiepenheuer und Witsch. 170 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 357–358


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.