DDR von A-Z, Band 1963

Praktikantenzeit (1963)

 

 

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1965 1966 1969 1975 1979


 

a) die Studierenden an Technischen Hochschulen in der SBZ mußten bis einschließlich 1959 vor Beginn des Studiums ein Praktikantensemester in einem Produktionsbetrieb ableisten. Vom Studienjahr 1960 ab sind sie im ersten Studienjahr verpflichtet, ein Betriebspraktikum dergestalt durchzuführen, daß sie im Wechsel je eine Woche an der Hochschule studieren und anschließend jeweils eine Woche in einem dem Studienfach entsprechenden Produktionsbetrieb praktisch an der Werkbank arbeiten. Die Lehrpläne der Hochschulen sind entsprechend geändert worden: der Lehrstoff des ersten Semesters verteilt sich auf das ganze Jahr; der nicht aufgearbeitete Lehrstoff ist in den nachfolgenden Semestern nachzuholen. Der Studierende arbeitet in der P. nur an zwei Arbeitsplätzen, so daß er bereits nach kürzerer Zeit zu produktiven Arbeitsleistungen herangezogen werden kann. Studierende erhalten während solcher P. zu ihrem Stipendium einen monatlichen Zuschuß zwischen 50 und 120 DM Ost, womit die produktive Arbeitsleistung abgegolten sein soll.

 

b) Die P. in der Landwirtschaft wird in Lehrkombinaten auf VEG und LPG abgeleistet, und zwar 1 bis 2 Jahre allgemein und im letzten Jahr speziell, je nach Fachrichtung. Das Mindestalter zum Antritt der Lehre beträgt 14 Jahre für Grundschüler (3 Jahre Lehrzeit) und 16–18 Jahre für Mittel- und Oberschüler (2 Jahre Lehrzeit). Die P. schließt mit der Facharbeiterprüfung ab, die Voraussetzung für jede weiterführende Ausbildung ist.

 

c) Vorbereitungszeit für das Amt eines Richters, Staatsanwalts, Rechtsanwalts oder Justitiars in der „volkseigenen“ Wirtschaft. Durch AO vom 22. 7. 1959 wurde eine P. von eineinhalb Jahren eingeführt, um eine ständige „marxistisch-leninistische Erziehung“ der jungen Juristen zu gewährleisten. Der Praktikant wird 7 Monate beim Kreisgericht bzw. Kreisstaatsanwalt beschäftigt. 3 Monate körperlicher Arbeit in der Produktion, 2 Monate Tätigkeit beim Kreisausschuß der „Nationalen Front“, 2 Monate beim Kreisvorstand des FDGB, 3 Monate bei den örtlichen Räten und 1 Monat beim Kreisstaatsanwalt (für künftige Richter) bzw. beim Untersuchungsorgan (für künftige Staatsanwälte) sind weitere Ausbildungsstationen.

 

Nach erfolgreichem Abschluß der P., während der der Praktikant 70 v. H. des Grundgehalts eines Kreisrichters erhält und die er von sich aus durch eine Kündigung nicht vorzeitig beenden darf, wird er vom Justizminister zur Richterwahl vorgeschlagen, vom Generalstaatsanwalt zum Staatsanwalt ernannt oder als Rechtsanwalt in ein Anwaltskollegium aufgenommen. Aus „Arbeiterkadern“ besonders ausgesuchte Teilnehmer an den Lehrgängen der „Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft“ brauchen keine P. zu absolvieren, sondern können sofort nach Beendigung des Lehrgangs eingesetzt werden. Entsprechend dieser Praktikantenordnung wurde durch den Vors. der Staatlichen ➝Plankommission eine „AO über die Justitiar-Assistentenzeit in der sozialistischen Wirtschaft“ erlassen, die am 1. 4. 1958 in Kraft getreten ist. Ziel der Assistentenzeit ist es, „den Assistenten planmäßig in die Praxis einzuführen, ihn zur konsequenten Parteilichkeit für die Sache der Arbeiter-und-Bauern-Macht und zum Kampf gegen formaljuristisches Verhalten zu erziehen“ (§ 2 der AO).

 

Literaturangaben

  • Samson, Benvenuto: Grundzüge des mitteldeutschen Wirtschaftsrechts. Frankfurt a. M. 1960, Alfred Metzner. 146 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Achte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1963: S. 368


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.