DDR von A-Z, Band 1965

Arbeitsnormen (1965)

 

 

Siehe auch:


 

In der SBZ nach Sowjet. Vorbild allgemein eingeführte Bemessungsgrundlage des Lohns bei der Ausführung von Arbeiten im Stücklohn. Als A. gilt entweder die Menge der Arbeitseinheiten (Stück, Einzelteil, Los), die in einer bestimmten Zeiteinheit (Stunde, Schicht) zu fertigen sind („Stücknorm“), oder die vorgegebene Zeit, in welcher eine bestimmte Arbeitseinheit herzustellen ist („Zeitnorm“). Die gebräuchlichste Form ist die „Zeitnorm“.

 

Nach dem Gesetzbuch der Arbeit sollen die A. zwar „unter Mitwirkung der Werktätigen“ ausgearbeitet werden, sie werden aber vom Betriebsleiter — gegebenenfalls auch trotz des Widerspruchs des betroffenen Arbeiters — in Kraft gesetzt. A. sollen geändert werden, wenn die technischen Bedingungen verändert wurden oder wenn die verbesserte Organisation den Umfang der Arbeiten verringerte.

 

Die gültigen A. sind nur zu etwa 40 v. H. exakt nach den Arbeitsvorgängen als sog. Technische Arbeitsnormen (TAN) ermittelt. Sie beruhen im übrigen auf mehr oder weniger willkürlichen „Erfahrungswerten“ und sind — obwohl zum Teil schon einige Jahre in Kraft — als „vorläufige Arbeitsnormen“ (abgekürzt „VAN“) gültig.

 

Ziel der SED ist es, die bisherigen, nur betriebsindividuell gültigen A. abzuschaffen und überbetrieblich gültige A. (Bestwerte, Zeitnormative) einzuführen, bei denen die Lohnbemessung nicht allein auf der Grundlage von A. erfolgt.

 

Seit Errichtung der Mauer hat das SED-Regime durch die Kürzung der Zeitvorgaben in den A. und durch die „Einführung neuer Lohnformen“ (Lohnpolitik) die Arbeiter gezwungen, intensiver zu arbeiten, wenn sie Lohnverluste vermeiden wollten. Im Jahre 1963 verstärkten sich die Anzeichen passiven Widerstandes der betroffenen Arbeiter gegen diese Lohnpolitik. U. a. wurde zunehmender Ausschuß in der Produktion beobachtet, wodurch die weitere Erhöhung der Arbeitsproduktivität in Frage gestellt war. Seit Anfang 1964 steuert das Regime — nicht zuletzt aus diesen Gründen — einen „weicheren Kurs“ in der Einführung neuer Arbeitsnormen bzw. neuer Lohnformen. Die Betriebsleitungen wurden angewiesen, „die schädliche Praxis des Administrierens in der Normenarbeit, die darin besteht, die Normen ohne technische Begründung für verbindlich zu erklären, aufzugeben“. Wie lange dieser gemäßigte Kurs anhalten wird, bleibt abzuwarten.

 

Literaturangaben

  • Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der sowjetischen Besatzungszone. 5., erw. Aufl. (BB) 1959. Teil I (Text) 264 S., Teil II (Anlagen) 162 S.
  • *: Der Außenhandel der sowjetischen Besatzungszone 1953. Plan 1954 und 1. Halbjahr 1954. (Mat.) 1955. 24 S. m. 7 Anlagen.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 31


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.