
Dritter Weg (1965)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1966 1969 1975 1979 1985
Mit dem Begriff DW. verbindet die sozialistische Opposition im Ostblock das Bekenntnis zum „demokratischen“ oder auch „menschlichen Sozialismus“. Sozialistische Wirtschaftsformen sollen ihre Ergänzung finden durch eine echte Demokratie in Staat und Gesellschaft. Diese Auffassung lehnt sowohl den Stalinismus und den nachstalinistischen Totalitarismus im Ostblock als auch die bürgerlich-demokratische Gesellschaftsordnung ab, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen durch den Privatbesitz an Produktionsmitteln weiterbestehe. Der DW. wird als Alternative gegenüber dem Kapitalismus und dem entarteten Sozialismus verstanden. Seine Anhänger in der SBZ sehen in der Theorie des DW. die einzig mögliche programmatische Plattform für ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine Synthese zwischen „sozialistischer Diktatur“ und „kapitalistischer Demokratie“ sein soll. Die SED-Führung bekämpft sowohl die Anhänger der SPD in der BRD und in der SBZ als auch die Anhänger des Revisionismus als Verfechter des DW.: „Die Politik der SPD, die Theorien vom ‚dritten Weg‘ und vom demokratischen Sozialismus sind im Grunde genommen nichts anderes als eine mehr oder weniger getarnte Unterstützung des Imperialismus und Militarismus“ (Thesen des SED-Politbüros zum zehnten Jahrestag der Gründung der „DDR“, Einheit, 9/1959, S. 1262). Insbesondere seit der Verabschiedung des Godesberger Parteiprogramms der SPD 1959 hat die SED-Führung die Auseinandersetzung mit allen Anhängern des DW. intensiviert. (Entstalinisierung)
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 105