DDR von A-Z, Band 1965

Jugendliteratur (1965)

 

 

Siehe auch:


 

„Die Entwicklung der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur ist von den verantwortlichen staatlichen Organen gemeinsam mit den gesellschaftlichen Organisationen und Künstlerverbänden zu fördern“ (Jugendgesetz von 1964; Jugend). Die besten Bücher sollen zu diesem Zweck u.a. durch eine Kinder- und Jugendbuchgemeinschaft verbreitet werden; die öffentlichen Bibliotheken (Bibliothekswesen) haben „ausreichend Kinder- und J. bereitzustellen“; [S. 206]das Ministerium für Kultur soll eine zentrale Dokumentation einrichten. Z. Z. gibt es in der SBZ sechs ausgesprochene Kinder- und Jugendbuchverlage, von denen die beiden größten (Kinderbuch-Verlag und „Neues Leben“) „volkseigene“ Betriebe sind, während die übrigen (mindestens dem Anschein nach) noch in privater Hand sind (Verlagswesen). Daneben produzieren J. im Nebenzweig noch 10 meist „volkseigene“ und 2 kirchliche Verlage.

 

Der Umfang der Produktion läßt sich aus den Statistiken nicht einwandfrei herauslesen; nach sowjetzonalen Angaben sollen 1955 insgesamt 17,4 Mill. Jugendschriften hergestellt worden sein. Die Auflagen werden unter dem Gesichtspunkt der „gesellschaftspolitischen“ Bedeutung der Titel manipuliert, bei Büchern „neutralen“ Inhalts sind sie daher meist zu niedrig. Die Buchpreise sind relativ niedrig, obschon der Fülle des Angebots billiger Buchreihen in der BRD nichts Gleichwertiges gegenüberstellt. Der Verlag „Neues Leben“ gründete 1959 eine Jugendbuchgemeinschaft, deren Programm aber ganz auf den „Sieg des Sozialismus“ ausgerichtet ist und daher nicht den Anklang findet, den das stark angefachte Bildungsstreben und Lesebedürfnis der Jugend in der SBZ erwarten lassen sollten. In der J. für das erste Lesealter gibt es auf Grund der Leipziger Tradition, aber auch dank der Aufnahme von Übersetzungen vor allem aus dem Tschechischen und Polnischen beachtliche illustrative und typographische Leistungen. Die ideologische Ausrichtung tritt in der J. für die 10- bis 16jährigen thematisch immer mehr hervor, und der Übergang zu platter Agitationsliteratur geschieht stufenlos; selbst in den Lesebüchern für Schulanfänger finden sich bereits Spuren von Agitprop.

 

Das Problem der Schund- und Schmutzliteratur, in der Demokratie schwer lösbar, existiert für die SBZ kaum; dagegen trägt das Regime, auf Grund der zentralen Steuerung der Buchproduktion, die Verantwortung für die in großen Auflagen (und zum Teil von „Staatsverlagen“) produzierten, inhaltlich und formal minderwertigen, meist zudem nicht einmal jugendgemäßen Heftreihen. In ihrer verderblichen Wirkung stehen diese Veröffentlichungen den Erzeugnissen westdeutscher Schundverlage nicht nach.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 205–206


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.