
Protest (1965)
Siehe auch die Jahre 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1966 1969 1975 1979
Bezeichnung für a) das förmliche Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Gerichtsverfahren, vor allem im Strafverfahren gegen erstinstanzliche Urteile der Kreis- und Bezirksgerichte; eingeführt nach sowjet. Vorbild zur Hervorhebung der besonderen Stellung der Staatsanwaltschaft durch §§ 274 ff. des „Gesetzes über das Verfahren in Strafsachen in der DDR (Strafprozeßordnung)“ vom 2. 10. 1952 (GBl. S. 996). Während das vom Angeklagten eingelegte Rechtsmittel (Berufung) gemäß § 284 StPO vom Berufungsgericht ohne mündliche Verhandlung als „offensichtlich unbegründet“ durch Beschluß verworfen werden kann, muß über den form- und fristgerecht eingelegten Protest der Staatsanwaltschaft immer verhandelt werden. Auch in dieser gesetzlichen Regelung kommt die stärkere Stellung des Staatsanwalts gegenüber dem Angeklagten zum Ausdruck. Eine nach der 3. Parteikonferenz der SED vereinzelt an dieser unterschiedlichen Stellung geübte Kritik wurde Anfang 1957 als ungerechtfertigte „Tendenz zur Liberalisierung“ zurückgewiesen.
b) Maßnahmen der Staatsanwaltschaft, wenn diese in einem Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren, bei der Bearbeitung von Eingaben oder aus sonstigen Quellen eine Gesetzesverletzung feststellt. Der P. ist bei dem Organ einzulegen, in dessen Bereich die Gesetzesverletzung begangen wurde. Das vom P. betroffene Organ hat innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Wird dem P. nicht oder nicht in vollem Umfange stattgegeben, so kann der übergeordnete Staatsanwalt den P. bei der dem betreffenden Organ übergeordneten Stelle einlegen (§§ 38 ff. des Staatsanwaltschaftsgesetzes vom 17. 4. 1963 — GBl. 1, S. 57).
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 340