
Vertragsgericht, Staatliches (1965)
Siehe auch:
Das durch VO vom 6. 12. 1951 (GBl. S. 1143) geschaffene V. hat im April 1952 seine Tätigkeit aufgenommen. Aufbau und Verfahren sind aber erst durch die V.-Ordnung und die V.-Verfahrensordnung vom 22. 1. 1958 (GBl. I, S. 83 u. S. 86) geregelt worden. Die Bestimmungen dieser beiden Ordnungen sind durch die am 1. 7. 1963 in Kraft getretene „VO über die Aufgaben und die Arbeitsweise des staatlichen Vertragsgerichts“ vom 18. 4. 1963 (GBl. II, S. 293) ersetzt worden.
Das V. ist kein Gericht, sondern ein zentrales staatliches Organ, das dem Ministerrat unterstellt und rechenschaftspflichtig ist. Dessen Vors. übt die Dienstaufsicht aus. Das V. wird vom Vors. des V. (zur Zeit Dr. Osmar Spitzner) geleitet. Es gliedert sich in das zentrale V. und in [S. 455]die V. in den Bezirken und in Ost-Berlin (Bezirks-V.).
Die Tätigkeit des V. wird durch Arbeitspläne geregelt, die nach „politisch ökonomischen Schwerpunkten“ aufzustellen sind. Es hat „die Betriebe und Wirtschaftsleitenden bei der eigenverantwortlichen und bewußten Anwendung des Vertragssystems zu unterstützen und zur Lösung der bei der Vorbereitung und Durchführung der staatlichen Wirtschaftspläne und den zwischenbetrieblichen Beziehungen auftretenden Widersprüche beizutragen“. Das V. ist zuständig für die Entscheidung sämtlicher Streitfälle bei der Gestaltung und Erfüllung von Verträgen im Rahmen des Vertragssystems (Vertragsgesetz). Es ist zuständig für alle anderen vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen sozialistischen Betrieben, sozialistischen Genossenschaften, staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen und Betrieben mit staatlicher Beteiligung (halbstaatliche Betriebe).
Die vom V. durchzuführenden Schiedsverfahren können auch ohne Antrag eines der Beteiligten durch Verfügung des V. eingeleitet werden, wenn Verträge zur Durchsetzung des Vertragssystems nicht oder nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, ein abgeschlossener Vertrag nicht oder nicht mehr den staatlichen Aufgaben entspricht oder mit gesetzlichen Bestimmungen oder Anweisungen nicht übereinstimmt oder andere wesentliche Mängel aufweist. Das V. kann ein Verfahren auch dann ohne Antrag einleiten, wenn die Vertragspartner es unterlassen, Vertragsstrafe zu fordern oder zur Beilegung eines von ihnen nicht zu lösenden Streitfalls das V. anzurufen.
Gegen Schiedssprüche der Bezirks-V. können die Beteiligten und ihre übergeordneten Organe beim Vors. des V. Einspruch einlegen. Dieser hat ein Nachprüfungsverfahren anzuordnen, wenn der Schiedsspruch „den im sozialistischen Recht enthaltenen Grundsätzen der Wirtschaftspolitik widerspricht und dem betroffenen Partner schwerwiegende Nachteile entstehen“. Gibt der Vors. dem Einspruch nicht statt, so hat er dem Antragsteller die Gründe der Ablehnung schriftlich mitzuteilen. Der Vors. des Ministerrats kann den Vors. des V. zur Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens anweisen. Außerdem können der Vors. des Volkswirtschaftsrats, der Vors. des Landwirtschaftsrats, die Minister und die Staatssekretäre mit eigenem Geschäftsbereich sowie die Leiter zentraler gesellschaftlicher Organisationen innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung der Entscheidung beim Vors. des V. die Anordnung eines Nachprüfungsverfahrens verlangen, soweit durch die Entscheidung Betriebe und Einrichtungen ihrer Bereiche betroffen sind. Das Nachprüfungsverfahren kann der Vors. des V. selbst oder eine von ihm eingesetzte Nachprüfungskommission ohne mündliche Verhandlung durchführen. In den Verfahren vor den V. können sich die Partner durch einen Rechtsanwalt, der Mitglied eines Anwaltskollegium ist (Rechtsanwaltschaft), vertreten lassen.
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 454–455
Verteidigungsrat, Nationaler | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Vertragsgesetz |