DDR von A-Z, Band 1965

Vertriebene (1965)

 

 

Siehe auch die Jahre 1963 1966 1969 1975 1979


 

In der SBZ werden V. aus den deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie und aus den osteuropäischen Ländern als Umsiedler oder Neubürger (in der BRD als V.) bezeichnet. Die Umsiedlerämter der SBZ hatten nach offiziellen Angaben am 31. 3. 1949 insgesamt 4.442.318 (davon 1.874.736 männliche und 2.567.582 weibliche V.) erfaßt. Die zwischen 1945 und 1949 in das Gebiet der späteren BRD abgewanderten rd. 500.000 bis 600.000 V. sind dabei nicht mitgezählt. Der Anteil der V. an der Bevölkerung der SBZ betrug 1950 rd. 25 v. H. (Vergleich: BRD am 1. 4. 1950 = 7,7 Mill. V., d.h. 16,1 v. H.). Seit dieser Zeit wurden keine Angaben mehr über die V. in der SBZ veröffentlicht. Nach 1950 dürften nach Schätzungen noch rd. 100.000 Aussiedler aus Polen und den übrigen osteuropäischen Ländern in die SBZ gekommen sein. Dazu kommen noch etwa 20.000 Deutsche, die im Rahmen der Familienzusammenführung ihren Wohnsitz in der SBZ fanden. In der gleichen Zeit, d.h. nach Abschluß der Vertreibung, sind nach einer DRK-Statistik im Rahmen von Auswanderungsaktionen und Familienzusammenführungen über 320.000 Deutsche aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern in die BRD gekommen. An sich ist die 1945 begonnene Vertreibungsaktion mit ihren späteren legalen Umsiedlungen bis heute noch nicht ganz abgeschlossen. Z. B. wurde Mitte 1964 nach bisher nicht dementierten Pressemeldungen von einer Umsiedlung von etwa 150.000 Deutschen aus den unter polnischer Verwaltung stehenden Gebieten in die SBZ berichtet. Es sollen Vereinbarungen getroffen worden sein, wonach Polen die Auswanderungsbestimmungen lockern wolle. Da in der Zone Arbeitskräftemangel herrscht und in Polen ein Arbeitskräfteüberschuß besteht, versucht man, durch stille Werbeaktionen über die Sowjetzonenkonsulate Sowjetzonenpässe zur Umsiedlung in die SBZ an den Mann zu bringen. Unter den 2,331 Mill. Personen, die zwischen 1952 und Mitte 1964 als Flüchtlinge über das Bundesnotaufnahmeverfahren in die BRD kamen, befanden sich 562.000 (= 24,1 v. H.) V. Während z. Z. knapp 16 v. H. der Bevölkerung des Bundesgebietes V. sind, kann dieser Anteil an der Bevölkerung der SBZ nach fundierten Schätzungen nur ca. 10 v. H. ausmachen.

 

Im Gegensatz zur BRD gibt es in der SBZ keinerlei Angaben über die regionale Verteilung der V. Auch über die Eingliederung gibt es keine Veröffentlichungen. Es ist nur aus früheren Jahren bekannt, daß etwa 50.000 V. im Rahmen der Bodenreform sogenannte Neubauernstellen erhalten haben. Die V. sind zu den schärfsten Gegnern des Regimes in der SBZ zu rechnen. Jede Betätigung oder ein Zusammenschluß zu Verbänden, mit dem Ziel, den Gedanken an die Heimat wachzuhalten, ist ihnen verboten.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 456


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.