DDR von A-Z, Band 1965

Arbeiter, Schreibende (1965)

 

 

Siehe auch die Jahre 1962 1963 1966 1969 1975 1979


 

Auf Einladung des Mitteldeutschen Verlages in Halle, in Wahrheit als Veranstaltung der SED und unter nachdrücklicher Förderung ihres ZK fand im April 1959 in Bitterfeld eine Tagung sowjetzonaler Schriftsteller, die seitdem viel zitierte Bitterfelder Konferenz, statt, die im Anschluß an ein Referat von Alfred ➝Kurella eine neue Phase der „Kulturrevolution“ eröffnen sollte. Nach den Worten von Walter Ulbricht bestand ihr „Erfolg“ darin, „daß die allseitig verstandene Aufforderung, ‚Kumpel, greif zur Feder, die sozialistische Nationalkultur braucht Dich!‘ und die Bestrebungen, sich mit den wertvollsten Schätzen unserer Kultur und Kunst vertraut zu machen, als zwei einander bedingende Seiten unserer sozialistischen Kulturrevolution erkannt wurden“. Damit wurde die „Bewegung“ der schreibenden Arbeiter und Bauern (im Pj. auch „Greif-zur-Feder-Kumpel-Bewegung“) eingeleitet, die — gleich vielen anderen Bemühungen der SED auf Gebieten der Kunst — die Grenzen zwischen Kunst und Laienkunst zu verwischen bestimmt war; denn gleichzeitig wurden in Bitterfeld die „Berufsschriftsteller“ aufgefordert, „nicht nur für das Volk, sondern auch mit dem Volk“ zu schaffen, die Gewohnheiten „individuellen Eigenbrötlertums“ preiszugeben, in die Betriebe zu gehen und ihre Werke in ständiger Auseinandersetzung mit den Werktätigen und ihrer Umwelt zu schaffen. Die derart auf zweifache Weise betriebene „Massenbewegung zur Aneignung der sozialistischen Nationalkultur“ und zur produktiv-künstlerischen Betätigung der Werktätigen — auch auf den Gebieten der Bildenden Kunst und Musik — wird im Pj. als Bitterfelder Weg bezeichnet. Zur Anleitung und Förderung der Sch A. veröffentlichte ein Autorenkollektiv 1961 „Hinweise für SchA.“; eine Monatsschrift „Ich schreibe“ erscheint als Teil der Zeitschrift „Volkskunst“, und die beharrlicheren SchA. schlossen sich in einer „Zentralen Arbeitsgemeinschaft SchA.“ (Vorsitzender: Max Zimmering) zusammen. Im April 1964 fand eine II. Bitterfelder Konferenz statt, auf der die oben charakterisierten Tendenzen der kommun. Literaturpolitik noch deutlicher hervortraten (Ulbricht: „Der Bitterfelder Weg ist der Weg des sozialistischen Realismus!“ D. Heinemann in der „Volkskunst“: „Die seither vergangene Zeit hat erwiesen, daß die grundsätzlichen Probleme der Entwicklung einer sozialistischen Nationalkultur gelöst sind.“). Was an Erzeugnissen der SchA. in Erscheinung trat, befriedigte auch die SED nicht. Die SchA. strebten von der Werkbank zum Schreibtisch, in die „Intelligenz“. Ihre Produkte waren begreiflicherweise dilettantisch und konnten, soweit sie gedruckt wurden, auch einer sehr wohlwollenden Kritik nur selten standhalten. Die Ursache des Mißerfolges liegt vor allem darin, daß es der SED nicht so sehr um die Förderung neuer Talente, als um politische Aktion und Agitation zu tun ist. (Kulturpolitik, Literatur)


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 25


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.