DDR von A-Z, Band 1965

Außenhandel (1965)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1966 1969 1975 1979


 

Bereits Ende 1946 kam der A. der SBZ wieder in Gang, doch behielt die SMAD sich die vollständige Kontrolle vor. Abwicklungen liefen nur über die Garantie- und Kreditbank. Erst seit 1. 9. 1949 wurde die Deutsche ➝Notenbank, später das Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel (MAI) eingeschaltet. Seit 1947 stiegen die A.-Umsätze stetig an, wurden aber durch die Eingliederung in die Wirtschaftsplanung der sozialistischen Länder (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) einseitig ausgerichtet. Heute ist der A. der SBZ nur noch aus der Integration des Sowjetblocks zu verstehen, in dem auch der SBZ fest umrissene Aufgaben zugewiesen wurden. Ziel der Wirtschaftspolitik in der SBZ und den Sowjetblockstaaten ist die Autarkie des Sowjetblocks; damit sind naturgemäß Volumen und Struktur des Außenhandels bestimmt.

 

Abgesehen von Kalisalzen und Braunkohle (Kohlenindustrie) verfügt die SBZ nur über geringe Rohstoffvorkommen. Als hochindustrialisiertes Verarbeitungsland ist sie deshalb besonders bei hochwertigen Rohstoffen importabhängig.

 

Das A.-Volumen entwickelte sich nach sowjetzonalen Angaben seit 1950 in Mill. neuer Rubel (Währung).

 

Die offiziellen Zahlen vermitteln kein vollständiges Bild der A.-Leistungen der SBZ, da ein großer Teil der Produktion als gegenwertlose Reparationsleistungen (Reparationen) von der SU abgezogen wurde und nicht in der A.-Statistik erschien. Auch die Aufkäufe der Sowjet. Handelsgesellschaften erschienen nicht als A.-Umsätze. Ebenso fehlten in den Statistiken die sog. Befehlsexporte, die außerhalb der Exportpläne in Sowjet. Interesse durchgeführt wurden und 1951 z. B. mindestens 100 bis 120 Mill. DM Ost ausmachten. Zu beachten ist, daß diese A.-Zahlen keine echten Werte nach dem auf dem Weltmarkt üblichen Kurswerte sind. Für 1963 wurde ein A.-Umsatz von rund 20 Mrd. Valuta-DM genannt, der rund 4.489 Mill. Rubel entspricht. Er gliedert sich exportseitig in 11,2 Mrd. und importseitig in 8,8 Mrd. VDM. Danach hätte der Import gegenüber 1962 einen Rückgang um 1,1 Mrd. VDM und anteilmäßig am A.-Volumen um ca. 6 v. H. zu verzeichnen. Hiermit ist auch das Handelsdefizit des Vorjahres zugegeben, das von sowjetzonaler Seite auf rund 1 Mrd. VDM beziffert wurde und an dem vermutlich auch Einfuhren für Rüstungszwecke beteiligt waren. Hinzu kommt noch, daß 1963 die Zone mit der Rückzahlung von Krediten an die SU einsetzen mußte, die sie zwang, im Export mehr Wert auf außenhandelsrentable Erzeugnisse zu legen.

 

Für 1964 ist eine Steigerung des A.-Umsatzes um 8,2 v. H. auf 22 Mrd. VDM geplant, von denen 11,3 Mrd. VDM (51,4 v. H.) auf den Export entfallen sollen. Mit rund 75 v. H. blieb der A.-Umsatz mit den sozialistischen Ländern in den letzten Jahren fast konstant. Der Warenaustausch mit diesen Ländern reicht von Rohstoffen und Ausrüstungen bis zu Lebensmitteln.

 

Der größte und wichtigste Handelspartner der SBZ ist die SU, die gegenwärtig allein über 50 v. H. des A. bindet. Als Lieferant der wichtigsten Importwaren, vor allem von Rohstoffen und Nahrungsgütern, bezieht sie zu ihrem Wirtschaftsaufbau Maschinen und Ausrüstungen und stempelt damit die SBZ zu ihrem Verarbeitungszentrum. Wenn auch Umfang und Ablauf des A. im Außenhandelsplan als einem Teil des Volkswirtschaftsplanes festgelegt sind, zwingen doch oft Rückschläge im landwirtschaftlichen Marktaufkommen und die chronischen Devisenschwierigkeiten die Zone zu planwidrigen Ausfuhren, um durch zusätzliche Einfuhren von Lebensmitteln die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Die einseitige wirtschaftliche Bindung an den Sowjetblock konnte die durch die willkürliche Spaltung Deutschlands bedingten Handelslücken keineswegs ausgleichen.

 

Zur Überwindung von Engpässen im sozialistischen Aufbau, verursacht in den meisten Fällen durch das unelastische Planungssystem, konnte die SBZ ihre Handelsbeziehungen außerhalb des Sowjetblockes nicht abreißen lassen. Sie ist vielmehr bemüht, in der bisherigen Proportion zum Sowjetblockhandel ihren Handel mit den übrigen Staaten noch weiter auszubauen, insbesondere mit den Entwicklungsländern.

 

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Entsprechend dem Wirtschaftssystem besteht ein „staatliches“ Außenhandelsmonopol, das erst im Gesetz vom 9. 1. 1958 nachträglich verankert wurde. Mit diesem ist das Valuta- sowie das Transportmono[S. 45]pol verbunden, da auch für alle Zahlungen und Transporte im A. das Regime allein zuständig ist. Für die Durchführung zeichnen spezielle Außenhandelsunternehmen (Deutscher ➝Innen- und Außenhandel) verantwortlich, sowie die VVB und einzelne Exportbetriebe, die Eigengeschäfte tätigen können, aber nur in Zusammenarbeit mit einem Außenhandelsunternehmen gleicher Branche. Der „Porzellanmanufaktur Meißen“ hat die SBZ hierzu sogar die „Außenhandelshoheit“ verliehen, die den Status eines volkseigenen Betriebes den Geschäftskunden gegenüber vertuschen soll.

 

Der A. wird im Rahmen der getroffenen Handelsvereinbarungen und Zahlungsabkommen abgewickelt. Während mit den Sowjetblockländern möglichst langfristige Handels- und Zahlungsabkommen (Siebenjahrplan) auf „Regierungsebene“ abgeschlossen werden, bestehen mit dem westl. Ausland überwiegend Kammerabkommen und Bankenabkommen. Zur Förderung des A. unterhält die SBZ in den meisten Partnerländern Handelsvertretungen (Außenpolitik). Handelsinteressen sind mit dem politischen Motiv gekoppelt, den Status von konsularischen Vertretungen zu erlangen. In den sozialistischen Ländern sind die Handelsvertretungen Teil der diplomatischen Vertretungen. Mit Finnland, dem einzigen „kapitalistischen“ Land mit einem Handelsabkommen auf Regierungsebene, gründete die SBZ 1961 einen Handelsverein, dem beiderseitig etwa 80 Unternehmer, wirtschaftliche Organisationen und Einzelvertreter angehören. Die SBZ versucht, mit verbesserten Werbemethoden Finnland durch vorrangige Auftragserteilung enger an sich zu binden und den Wirtschaftskreisen anderer westlicher Länder einen Anreiz zu bieten, hatte bisher aber keinen nennenswerten Erfolg.

 

Die unterschiedlichen Binnen- und A.-Preise erfordern staatliche Subventionen im A., die als Preisausgleich zu Lasten des Staatshaushalts gehen. Neuere Zahlen über die Höhe des Preisausgleichs wurden nicht veröffentlicht. Die Preisgestaltung im A. mit den Ländern des Sowjetblocks erfolgte bis zum Jahre 1955 unabhängig von Weltmarktpreisen. Bei Abschluß langfristiger Handelsabkommen wurden Preisbasen für die wichtigsten Import- und Exportgüter vereinbart, die für die Dauer des Abkommens galten und bei bestimmten Gütern weit unter Weltmarktpreisen, zum Teil sogar unter den Selbstkosten lagen. Hauptnutznießer war die SU, die so Industrieausrüstungen, Maschinen u.a. außerordentlich billig einkaufen konnte. Polen gab den Anstoß, daß ab 1956/57 Weltmarktpreise als Grundlage zur A.-Preisbildung innerhalb des Sowjetblockes herangezogen werden. Die A.-Planung geht wie in allen Sowjetblockstaaten stets vom Importbedarf aus. Exporte erfolgen mit dem Ziel, für die geplanten Importe die erforderlichen Devisen hereinzubekommen. Häufig werden deshalb unrentable Exporte in Kauf genommen, die die Verlustwirtschaft des A. noch vergrößern.

 

Das Ziel eines eigenen Preissystems im A. wird aber solange Utopie bleiben müssen, wie die Mitgliedstaaten des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe im Warenaustausch mit den nichtkommunistischen Industriestaaten auf die Weltmarktpreise angewiesen sind. Inwieweit die 1964 ins Leben gerufene Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Moskau, die im bilateralen Außenhandelssystem des Sowjetblocks eine multilaterale Verrechnung ermöglichen soll, Klarheit und Ordnung in das A.-Preisgefüge bringen wird, bleibt abzuwarten.

 

Zur Welthandelskonferenz 1964 war die SBZ nicht zugelassen. Das sozialistische Lager betrachtete dieses Forum als Propagandabühne und versuchte, die Entwicklungsländer gegen die Industrienationen vorzuschicken, um das Privileg im Rohstoffhandel zu brechen. Dabei wurde übersehen, daß gerade die Industrieländer die größten Rohstoffabnehmer sind und den Entwicklungsländern damit eine größere Hilfe geben als die Ostblockstaaten.

 

Literaturangaben

  • Förster, Wolfgang: Das Außenhandelssystem der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. 3., verb. Aufl. (BMG) 1957. 137 S. m. 2 Anl. u. 1 Karte.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 43–45


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.