Bodenreform (1965)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1966 1969 1975 1979
Die sog. B. erfolgte auf Betreiben der sowjet. Besatzungsmacht. Ihre Grundlage sind Verordnungen der damaligen 5 Länder- bzw. Provinzialverwaltungen. (3. 9. 1945 Provinz Sachsen, 6. 9. 1945 Provinz Mark Brandenburg, 7. 9. 1945 Land Mecklenburg-Vorpommern, 11. 9. 1945 Land Sachsen, 12. 9. 1945 Land Thüringen.) Die B. wurde offiziell begründet als „unaufschiebbare, nationale, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit“. Entschädigungslos enteignet wurden alle Privatbetriebe über 100 ha Betriebsfläche sowie Betriebe von „Kriegsverbrechern und Naziaktivisten“. Mit der Enteignung war die Vertreibung der ehemaligen Besitzer und ihrer Familien verbunden. Die Gutshäuser wurden zum großen Teil als „Wahrzeichen des Feudalismus“ abgerissen. Bis 1. 1. 1949 wurden aus Privatbesitz über 100 ha 7.112 Güter mit 2,5 Mill. ha, aus Privatbesitz unter 100 ha 4.278 Betriebe mit 124.000 ha enteignet. Zusammen mit dem Landbesitz des Staates, der Länder, Provinzen, Städte und Gemeinden ergaben sie einen Bodenfonds von rund 3,22 Mill. ha land- und forstwirtschaftlicher Fläche. Dieser Bodenfonds wurde verteilt: an 119.530 landlose Bauern und Landarbeiter 924.365 ha; an 89.529 Vertriebene 754.976 ha; an 80.404 landarme Bauern 270.949 ha; an 45.403 Kleinpächter 43.969 ha; an 169.427 Arbeiter und Handwerker 111.203 ha; an 39.786 Altbauern (Waldzulagen) 60.140 ha. Rund 550 Betriebe wurden als Spezialbetriebe für Saatzucht-, Tierzucht- und Forschungszwecke in „Volkseigentum“ übergeführt (Volkseigene Güter). Das den Bodenempfängern durch die B. zugeteilte Land war von ihnen zu bezahlen; der Preis je ha betrug den Gegenwert von etwa 1.000–1.500 kg Roggen; der Preis für Waldstücke wurde den örtlichen Verhältnissen entsprechend von der Bodenkommission festgesetzt. Bezahlung konnte in bar oder natura in Raten bis zu 20 Jahren erfolgen. B.-Land darf weder ganz noch teilweise verkauft werden, es ist auch nicht teil- oder verpfändbar. Über die Landzuteilung wurde eine Urkunde ausgehändigt. Die neuen Besitzverhältnisse wurden grundbuchamtlich festgelegt, die Grundbuchblätter über die früheren Eigentumsverhältnisse amtlich verbrannt. Gem. Befehl 209 der SMAD sollte durch ein B.-Bauprogramm die Errichtung von Gehöften für rd. 209.000 Neubauern (Bauer) mittels Baumaterial- und Kreditbereitstellung ermöglicht werden. Unüberwindbare Schwierigkeiten der Materialbeschaffung haben die Verwirklichung dieses Programms verhindert, das ohnehin durch die seit 1952 offen auf die Kollektivierung gerichtete Zielsetzung gegenstandslos wurde. (Agrarpolitik)
Literaturangaben
- *: Die Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone und die Verwaltung des Vermögens von nicht in der Sowjetzone ansässigen Personen. 3., erg. Aufl. (BMG) 1962. 359 S. m. 78 Anlagen.
- Weißbuch über die „Demokratische Bodenreform“ — Dokumente und Berichte zur Vertreibung und Vernichtung des bodenständigen Landvolkes in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (bearb. v. Joachim v. Kruse). Hannover 1955, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Landwirte und Bauern. 124 S.
- Merkel, Konrad, und Eduard Schuhans: Die Agrarwirtschaft in Mitteldeutschland — Sozialisierung und Produktionsergebnisse. (BB) 2., erw. Aufl. 1963. 200 S. m. 53 Tab. (Führt M. Kramers Schrift fort.)
Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 78
Bobrowski, Johannes | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | Bodenschätze |