DDR von A-Z, Band 1965

FDGB (1965)

 

 

Siehe auch:


 

Abk. für Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, eine pseudogewerkschaftl. Einheits-Organisation, die sich in voller Abhängigkeit von der SED und vom Regime als dem weitaus wichtigsten Arbeitgeber befindet und so außerstande ist, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten. Schon in der Satzung vom 3. 9. 1950 kam dies klar zum Ausdruck. In der auf dem 6. Bundeskongreß am 23. 11. 1963 beschlossenen neuen Satzung heißt es in der Präambel: „Die Gewerkschaften anerkennen die führende Rolle der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, des marxistisch-leninistischen Vortrupps der deutschen Arbeiterklasse. Sie stehen fest zur SED und ihrem Zentralkomitee und schließen als treue Helfer die Arbeiter, Angestellten und Angehörigen der Intelligenz eng um die Partei zusammen.“

 

Nach § 4 des Gesetzbuches der Arbeit fördern die Gewerkschaften „den Kampf um den wissenschaftlich-technischen Höchststand, die Aneignung allseitiger Kenntnisse und eine hohe sozialistische Arbeitsmoral und Arbeitsdisziplin zur raschen Steigerung der Arbeitsproduktivität. Sie mobilisieren die ganze Arbeiterklasse und die Intelligenz zur allseitigen Erfüllung der Wirtschaftspläne mit dem Ziele der ständigen Verbesserung ihres materiellen und kulturellen Lebensniveaus“. Damit ist der FDGB der wichtigste Gehilfe des staatlichen Arbeitgebers. Beim Juni-Aufstand 1953 stellte sich die FDGB-Führung gegen die freiheitlichen Arbeiter (Streik).

 

Der FDGB ist nach dem Grundsatz „Ein Betrieb eine Gewerkschaft“ organisiert und nach dem Produktions- und Territorialprinzip aufgebaut. Sein höchstes Organ ist der Kongreß, der mindestens einmal in 2 Jahren einberufen werden soll und der den Bundesvorstand wählt. Der Bundesvorstand wählt den Vorsitzenden (Herbert ➝Warnke), den Stellvertreter des Vorsitzenden (Rolf ➝Berger), das Präsidium und das Sekretariat, das für die operative Durchführung und Kontrolle der Durchführung der Beschlüsse des Bundesvorstandes und seines Präsidiums verantwortlich ist.

 

Der FDGB umfaßt nach häufigen Umgliederungen folgende Gewerkschaften: die Industriegewerkschaften (IG) Bau-Holz, Bergbau/Energie, Chemie, Druck und Papier, Metall, Textil/Bekleidung/Leder, Transport/Nachrichtenwesen, Wismut sowie die Gewerkschaften (Gew.) Gesundweitswesen, Handel-Nahrung und Genuß, Kunst, Land und Forst, der Mitarbeiter des Staatsapparates und der Kommunalwirtschaft, Unterricht und Erziehung, Wissenschaft.

 

Jede Gewerkschaft hat eine Zentraldelegiertenkonferenz, einen Zentralvorstand und ein Präsidium. Territorial sind die Organe der Gewerkschaften in Bezirks-, Gebiets- bzw. Kreis- und Ortsvorstände gegliedert. Das höchste Organ im Bereich der Volkseigenen Betriebe, der Bezirke und Kreise sind die Delegiertenkonferenzen. Diese wählen in den VVB das Gewerkschaftskomitee, in den Bezirken den Bezirksvorstand und in den Kreisen den Kreisvorstand. Als „Fundament“ der Gewerkschaften werden in der Satzung die gewerkschaftlichen Grundorganisationen bezeichnet. Diese sind a) die Betriebsorganisationen (betriebliche Gewerkschaftsleitung), b) die Kombinatsgewerkschaftsorganisationen, c) die Ortsgewerkschaftsorganisationen, d) die Dorfgewerkschaftsorganisationen.

 

Die kleinste Einheit einer Gewerkschaft ist die Gewerkschaftsgruppe, die vom Vertrauensmann geleitet wird. Die Wahlen zu den Organen des FDGB stehen völlig unter dem Einfluß der SED, da kein Kandidat gegen deren Willen aufgestellt werden kann. Am 1. 1. 1956 wurde der FDGB Träger der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen). Am 15. 2. 1958 übernahm der FDGB ferner die staatliche Kontrolle über den betrieblichen Arbeitsschutz. Der FDGB ist Mitglied des WGB. Tageszeitung ist die „Tribüne“, Zeitschriften sind „Die Arbeit“ und „Die Sozialversicherung“.

 

Die Bundesschule des FDGB in Bernau wird seit 1952 als Hochschule bezeichnet und seit 1956 „Hochschule der Deutschen Gewerkschaften Fritz Heckert“ genannt. Sie veranstaltet Dreijahreslehrgänge für Gewerkschaftsfunktionäre, deren Teilnehmer mit dem Staatsexamen als Diplomwirtschaftler abschließen. Auf ihr werden seit 1960 auch afro-asiatische Gewerkschaftsfunktionäre im Sinne des „proletarischen Internationalismus“ (Kosmopolitismus) geschult. (Fakultät für Ausländerstudium) Der FDGB verleiht die Fritz-Heckert-Medaille als Auszeichnung für hervorragende gewerkschaftliche Tätigkeit (im Sinne des Kommunismus). (Arbeitspolitik, Feriendienst des FDGB)

 

Literaturangaben

  • *: Der FDGB. (FB) 1959. 19 S.
  • Haas, Gerhard: Der FDGB 1954. (BMG) 1954. 48 S. m. 1 Plan.
  • Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der sowjetischen Besatzungszone. 5., erw. Aufl. (BB) 1959. Teil I (Text) 264 S., Teil II (Anlagen) 162 S.
  • Mampel, Siegfried, und Karl Hauck: Sozialpolitik in Mitteldeutschland (Sozialpolitik in Deutschland, H. 48, hrsg. v. Bundesmin. f. Arbeit …). Stuttgart usw. 1961, Kohlhammer. 87 S.
  • Mampel, Siegfried: Das Gesetzbuch der Arbeit der Sowjetzone und das Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland — ein Vergleich. 5. Aufl. (hrsg. v. Bundesmin. für Arbeit …). Bonn 1962. 64 S.
  • Mampel, Siegfried: Beiträge zum Arbeitsrecht der sowjetischen Besatzungszone (BMG) 1963. 135 S.

 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 124


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.