DDR von A-Z, Band 1965

Haftarbeitslager (HAL) (1965)

 

 

Siehe auch:


 

Die Mehrzahl der Häftlinge, auch der politischen Gefangenen, ist in die Produktion der volkseigenen Wirtschaft eingegliedert. Soweit diese Häftlinge nicht in Volkseigenen Betrieben arbeiten, die in den Strafvollzugsanstalten Zweigbetriebe unterhalten, müssen sie in den zur Zeit bestehenden 32 H. schwerste körperliche Arbeit verrichten (Strafvollzug).

 

Einige dieser H. wurden für die Dauer großer Bauvorhaben errichtet, z. B. das H. Schwarze Pumpe. Ständige H. bestehen für die im Bergbau eingesetzten Häftlinge in den Steinkohlenrevieren Oelsnitz und Zwickau, in den Kalibergwerken Roßleben und Sollstedt sowie im Kupferbergwerk Volkstedt. In den Stahlwerken Eisenhüttenstadt und Unterwellenborn arbeiten die Häftlinge aus den gleichnamigen H. 2 große Ziegeleien werden hauptsächlich von Häftlingen betrieben. Im 1960 neugegr. Zweigbetrieb des VEB Geraer Kammgarnspinnerei arbeiten ausschließlich Häftlinge des H. Gera-Liebschwitz.

 

Bis 1957 konnten die Häftlinge durch hohe Arbeitsleistungen die Strafzeit bis auf ein Drittel verkürzen. 1958 entfiel diese Vergünstigung für Häftlinge mit Freiheitsstrafen bis zu 1 Jahr völlig. Ein veränderter Verrechnungsmodus und wesentlich erhöhte, kaum noch erfüllbare Arbeitsnormen machten es seitdem den übrigen Gefangenen fast unmöglich, wesentliche Teile der Strafzeit „einzuarbeiten“, bis diese Möglichkeit, die Strafzeit zu verkürzen, am 1. 1. 1960 für alle Häftlinge abgeschafft wurde. Seit dieser Zeit werden die Häftlinge durch Strafen wegen Arbeitsverweigerung und durch die Hoffnung auf bedingte Strafaussetzung bei guter Arbeitsleistung zu äußerster Kraftanstrengung getrieben. 75 v. H. der Arbeitsvergütung werden für Unterkunft und die meist unzureichende Verpflegung einbehalten. Der in Art. 137 der Verfassung niedergelegte Grundgedanke des Strafvollzugs, „Erziehung der Besserungsfähigen durch gemeinsame produktive Arbeit“, ist in den H. längst durch die Ausbeutung der billigen Arbeitskraft der Häftlinge zugunsten der „volkseigenen“ Wirtschaft ersetzt worden.

 

Im Braunkohlen-Bergbau der beiden H. Regis-Breitingen bei Leipzig müssen die als „arbeitsscheue Personen“ zu Arbeitserziehung verurteilten Häftlinge arbeiten.


 

Fundstelle: SBZ von A bis Z. Neunte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1965: S. 172


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.